In den Nachrichtenzentralen sind sie angehalten, die Realität den propagandistischen Wünschen anzupassen.
Mehr als neunzig Prozent der Tunesier haben gewählt.
ZDF- Hauptnachrichtensendung "heute" (gestern in der 19 Uhr- Ausgabe)So schreibt der Schweizer Blogbetreiber Zettel folgerichtig:
Mehr als neunzig Prozent Wahlbeteiligung in Tunesien? Also höher als in Deutschland bei den Bundestagswahlen (71 Prozent beispielsweise im Jahr 2009); ganz zu schweigen von der Nationalratswahl, die gestern in der Schweiz stattfand (unter 50 Prozent, wie es in der Schweiz Tradition ist)?
Wahrhaft erstaunlich.
Oder genauer: Erstaunlich wäre es, wenn es denn wahr wäre. Aber es ist eine Ente. Keiner der hochkarätigen Redakteure, die für eine der Haupt-Nachrichtensendungen des öffentlich-rechtlichen TV verantwortlich sind, hat es offenkundig für nötig gehalten, sich um die tatsächlichen Zahlen zu kümmern.
Die Fakten über die Wahlen in Tunesien kann man beispielsweise bei der International Foundation for Electoral Systems nachlesen.
Danach waren gestern etwas mehr als 7 Millionen Tunesier wahlberechtigt. Wahlberechtigt ist jeder volljährige Tunesier; ob er in Tunesien lebt oder im Ausland.
Zwischen dem 11. Juli und dem 13. August konnten sich die Wähler in Wählerlisten eintragen. Dies diente vor allem der Abgleichung der Daten. Wahlberechtigt war auch, wer sich nicht eingetragen hatte, aber gestern mit einem gültigen Personalausweis zur Wahl erschien.
In die Wahllisten eingetragen nun haben sich 4,1 Millionen der über 7 Millionen Wahlberechtigten. Von diesen - und nicht von den Wahlberechtigten - haben rund 90 Prozent gestern abgestimmt; also ungefähr 3,7 Millionen von mehr als 7 Millionen wahlberechtigten Tunesiern.
Die Wahlbeteiligung lag folglich bei zwischen 50 und 55 Prozent. Nicht bei "mehr als 90 Prozent", wie es die "heute"-Sendung ihren Zuschauern weismachen wollte.In Erstaunen versetzen mich die Medien nicht.
Noch nicht einmal, dass die Redakteure des ZDF und der anderen angeschlossenen "Qualitätsmedien" fortgesetzt und ungestört - ohne Konsequenzen - ihre Zerrbilder zur Verblödung des Volkes verbreiten können und die Massemenschen sich diesen Dreck täglich genussvoll reinziehen.
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