Mittwoch, 23. November 2022

80 Jahre Stalingrad - Deutsches Massengrab

Heute vor genau 80 Jahren wurde die 6. Armee in und um Stalingrad vollständig eingekesselt. Der Untergang der 300.000 Mann starken Armee und die damit verbundene Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg wurden dadurch unvermeidbar.

Das heutige Wetter in Wolgograd (Stalingrad) - am 23.11.1942 war es dort nicht so angenehm

Der GröFaZ* und dessen prunksüchtiges Großmaul namens Göring setzten sich mit ihrer Entscheidung zum Untergang der 6. Armee gegen den Rat der Obersten Heeresleitung (OHL) durch, wobei sich die Offiziere der OHL dabei wie "Knechtseelen" verhalten hatten. Die OHL hätte es besser den Offizieren Friedrichs des Großen gleichtun sollen, als die in aussichtsloser Lage ihrem König die Säbel vor die Füße geworfen hatten. Stattdessen zog man es vor, in unehrenhafter Vasallentreue dabei mitzuwirken, das Hunderttausende deutsche und verbündete Soldaten auf elendigste Weise verrecken sollten.

Foto: JF

Nun lässt sich der Massenmord von Stalingrad nicht rückgängig machen, doch sollte Stalingrad ein Mahnmal dafür sein, was Kadavergehorsam so alles anzurichten und an Unwürdigkeiten hervorzubringen vermag. Stalingrad sollte allen - insbesondere die in Verantwortung stehenden Mitglieder unserer Gesellschaft - Mahnung dafür sein, sich nie wieder irgendwelchen totalitären Ideologen anzudienen und sich somit mitschuldig zu machen. Feigheit ist keine Tugend, sondern Verrat an sich selbst und seinen Liebsten.

An dieser Stelle möchte ich nochmals auf Heinrich Gerlachs Buch "Durchbruch bei Stalingrad" hinweisen, das ich nun zu Ende gelesen habe. Es gehört mit Sicherheit zu den besten Kriegsbüchern, die ich jemals gelesen habe. Trotz der darin vermittelten Schreckensbilder vom Kriege, die einzig dazu dienen, das Erlittene für die Nachwelt zugänglich machen zu wollen, schon deshalb, um nicht in Vergessenheit zu geraten, beinhaltet das Buch viele Botschaften für uns Nachgeborene, um aus den Fehlern der Generation Stalingrad lernen zu können. Die vielen hausgemachten Krisen unserer Tage, gleichgültig ob es sich um Corona, Einwanderung oder Klima handelt, die man besser als eine einzige Regierungskrise zusammenfassen sollte, verdeutlichen, dass die derzeitigen Generationen sehr viel aus den Lehren von Stalingrad gewinnen könnten. Denn wir sind dabei, die selben Fehler zu machen.

Foto: Bundesarchiv

Doch zurück zum Buch. Gerlach hätte durchaus noch mehr Schreckensbilder schildern können - an entsprechenden Schilderungen mangelt es keineswegs in seinem Roman - jedoch verzichtet Gerlach auf alles überflüssige Sensationsgeheische. Sein Roman ist sicherlich kein Sammelband für alle Elendsgeschichten aus Stalingrad, diese sämtlich Aufschreiben gewollt zu haben, wäre ohnehin ein unmögliches Unterfangen gewesen. Stattdessen beließ Gerlach es beim Wesentlichen, was der Qualität des Romans nicht geschadet hat und ausreichend genug gewesen ist, um den Massenmord von Stalingrad ein würdiges und aussagekräftiges Mahnmal gesetzt zu haben. Hierbei wiederhole ich mich gerne: Das Buch ist gefüllt mit Botschaften für die Nachwelt, diese kommen oftmals versteckt daher, aber niemals oberlehrerhaft oder moralingeschwängert. Es sollte daher aufmerksam gelesen werden. 

Abschließend sei erwähnt, dass mich das Buch von Heinrich Gerlach an meinen Lehrer Günter Schubert erinnert hat. Schubert gehörte zu den wenigen Soldaten, die die Hölle von Stalingrad und die anschließende Kriegsgefangenschaft überlebt hatten. Ich hatte das Glück, dass mir Günter Schubert in einem Einzelgespräch einen ganzen Tag lang von Stalingrad erzählt hatte. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Was für ihn wahrscheinlich Genugtuung und Entlastung gewesen ist, einem wissbegierigen und aufmerksam zuhörenden 14 oder 15jährigen Bengel, der ich damals war, das Erlebte zu schildern, war für mich eine Lehre für's Leben. Ich werde niemals vergessen, wie er mit leuchtenden blauen Augen froh wie ein Kleinkind vor dem Weihnachtsbaum sitzend, das seine reichhaltigen Geschenke bestaunt, auf sein Holzbein klopfte und sich darüber freute, dass er "nur sein Bein" in Stalingrad gelassen hätte. Augenblicklich danach erlosch der freudige Glanz in seinen Augen, sein Blick wirkte plötzlich leer und nach Innen gerichtet, als er daraufhin sagte, dass viele seiner Kameraden, gute Freunde darunter, dieses Glück nicht hatten. Als junger Bengel war ich damals schockiert und verwundert darüber, wie sich ein erwachsener Mann so dermaßen über den Verlust eines Beines freuen konnte. Zugleich war mir aber auch bewusst, was für eine Hölle auf Erden dieser Mann erlebt haben musste.

Anmerkung: Wenn heute Abend die DFB-Auswahl ihr erstes WM-Spiel spielt, wird nichts an die Hölle von Stalingrad erinnern. Zu sehr ist die Gesellschaft bereits im neu aufkommenden Faschismus und seinen Symbolen verfangen...

* GröFaZ = Größter Feldherr aller Zeiten; diese Spottbezeichnung wurde Hitler von den Soldaten der 6. Armee verliehen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen