Das Lied vom Kompromiß (1919)
Text: Kurt Tucholsky; Musik: Hanns Eisler
Manche tanzen manchmal wohl ein Tänzchen
immer um den heißen Brei herum,
kleine Schweine mit dem Ringelschwänzchen,
Bullen mit erschrecklichem Gebrumm.
Freundlich schaun die Schwarzen und die Roten,
die sich früher feindlich oft bedrohten.
Jeder wartet, wer zuerst es wagt,
bis der eine zu dem andern sagt:
„Schließen wir nen kleine Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
so ein Ding hat manchen Reiz …
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!“
Seit November klingt nun dies Gavottchen.
Früher tanzte man die Carmagnole.
Doch Germania, das Erzkokottchen,
wünscht, das diesen Tanz der Teufel hol.
Rechts wird ganz wie früher lang gefackelt,
links kommt Papa Ebert angewackelt.
Wasch den Pelz, doch mach mich bloß nicht naß!
Und man sagt: „Du, Ebert, weißt du was:
„Schließen wir nen kleine Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
so ein Ding hat manchen Reiz …
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!“
Seit November tanzt man Menuettchen,
wo man schlagen, brennen, stürzen sollt.
Heiter liegt der Bürger in dem Bettchen,
die Regierung säuselt gar so hold.
Sind die alten Herren auch rot bebändert,
deshalb hat sich nichts bei uns geändert.
Kommts, daß Ebert hin nach Holland geht,
spricht er dort zu einer Majestät:
„Schließen wir nen kleine Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
so ein Ding hat manchen Reiz …"
Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.
Dafür gibt es keinen Kompromiß!
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