Donnerstag, 17. März 2011

Wettlauf mit der Zeit im japanischen AKW Fukushima

© AFP (aus Frankreich - Hinweis erfolgt, weil von gewissen Medien die Atomgegenerschaft auf Deutschland reduziert dargestellt wird. Es lohnt sich "zwischen den Zeilen" zu lesen.)
In einem Wettlauf gegen die Zeit kämpfen Techniker im schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima 1 gegen einen Super-GAU: Experten warnten vor einer massiven Verstrahlung, sollte es in den nächsten 48 Stunden nicht gelingen, das Wasserniveau im Abklingbecken von Reaktor 4 zu heben. Mehrere Länder holten mit Militärmaschinen ihre Bürger aus Japan, Deutschland verschärfte seine Teilreisewarnung.
Es drohe ein "sehr bedeutender" Austritt von Radioaktivität, sollte es nicht binnen zwei Tagen gelingen, das Wasserniveau in dem Becken für gebrauchte Brennstäbe anzuheben, warnte das französische Institut für Atomsicherheit IRSN. Da sich die Brennstäbe in dem Abklingbecken dann "quasi an der freien Luft" befänden, sei die Strahlung so hoch, dass jeder weitere Einsatz in der Anlage unmöglich werde.
Nach Einschätzung der französischen Atomaufsicht könnten sich die Brennstäbe selbst entzünden, sollte das Wasser in dem Abklingbecken weiter sinken. Laut EU-Energiekommissar Günther Oettinger ist die Lage in Fukushima "außerhalb einer fachmännischen Kontrolle". Das Geschehene bewege sich "irgendwo zwischen GAU und Super-GAU".
Um eine komplette Kernschmelze zu verhindern, versuchten 50 noch verbliebene Techniker unter Einsatz ihres Lebens, die Brennstäbe zu kühlen. Zunächst sollten Militärhelikopter Wasser auf die Anlage sprühen; nachdem dieser Einsatz jedoch wegen der hohen Strahlung abgesagt werden musste, sollte ein Wasserwerfer der Polizei eingesetzt werden. Die US-Streitkräfte stellten Japan Hochdruckpumpen für die Kühlung der Reaktoren zur Verfügung.
Das Abklingbecken des abgeschalteten Reaktors 4 war am Dienstag bei einer Wasserstoffexplosion beschädigt worden. Sie löste einen Brand aus, radioaktive Partikel gelangten direkt in die Atmosphäre. US-Soldaten konnten den Brand in dem Reaktor jedoch löschen. Am Mittwochmorgen (Ortszeit) mussten die 50 letzten japanischen Techniker vor Ort vorübergehend die Atomanlage verlassen. Regierungssprecher Yukio Edano sagte, die Strahlung vor Ort schwanke stark, bleibe aber auf einem gesundheitsgefährdenden Niveau. Zudem ereignete sich im Gebäude von Reaktor 3 am Mittwoch erneut eine Explosion. Dabei könnte der Schutzmantel des Meilers beschädigt worden sein.
Nach Angaben der japanischen Atombehörde sind vermutlich 70 Prozent der Brennstäbe in Reaktor 1 sowie ein Drittel der Brennstäbe in Reaktor 2 beschädigt. Tepco erwäge den Einsatz von Borsäure, um eine komplette Kernschmelze zu verhindern. Der Gouverneur der Präfektur Fukushima, Yuhei Sato, sagte dem Sender NHK, es fehle in den Notlagern für in Sicherheit gebrachte Anwohner an Nahrung und Treibstoff. Wegen der Strahlungsgefahr war ein Umkreis von 20 Kilometern mit 200.000 Menschen um das Kraftwerk evakuiert worden.
Zahlreiche Länder wie Russland, Belgien und die Philippinen holen nun teils mit Militärflugzeugen ihre Bürger aus Japan. Das Auswärtiges Amt verschärfte seine teilweise Reisewarnung für Japan. Es empfahl "allen Deutschen aus der Region um die Atomkraftwerke Fukushima und dem Großraum Tokyo/Yokohama, vorübergehend nach Osaka oder über Osaka ins Ausland auszuweichen".
Die EU-Energieminister wollen am Montag auf einer Sondersitzung Lehren aus den Atomunfällen in Japan ziehen. Auf dem EU-Gipfel Ende kommender Woche sollen sich auch die Staats- und Regierungschefs mit den Konsequenzen aus dem Atomunfall befassen.
hcy/mt/hei

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen