Donnerstag, 8. September 2011

Schon wieder eine Reform: das Knastwesen

Vor ein paar Jahren begann die Rentenkasse damit, regelmäßig Post an ihre Financiers zu verschicken.
Auf Grund der darin prophezeiten Mini- Beträge, die es im Alter geben soll, soll Angst vor Altersarmut verbreitet werden. Mit dem klaren Ziel, die Financiers der Rentenkasse in die "Obhut" der Versicherungsindustrie treiben zu können.
Gestern las ich eine Meldung in der SHZ, die möglicherweise für viele ein Ausweg aus der drohenden Altersarmut bedeuten könnte. Wenn künftig alle Stricke reißen sollten und sie ihre Miete nicht mehr zahlen können, dann lassen sie sich einfach in einen Knast einliefern.
Justiz-Reform: Kuschelkurs für Strafgefangene
[Dies betrifft den] Entwurf für einen verbesserten Strafvollzug. Am Dienstag legten zehn Bundesländer - Berlin, Bremen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Schleswig-Holstein - ihr gemeinsames Papier vor.
Darin planen sie erhebliche Erleichterungen für einsitzende Straftäter. So sollen die Gefangenen von Beginn ihrer Haftzeit an auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Dazu gehört nach dem Entwurf die grundsätzliche Unterbringung in einer Einzelzelle und eine großzügige Lockerung des Vollzugs: Ausgänge, Besuche oder eine regelmäßige Arbeit "draußen". Die Teilnahme an Therapiemaßnahmen soll - im einstelligen Eurobereich - entlohnt werden, die Zahl der Sozialtherapie-Plätze steigen. Die Häftlinge dürfen Freunde und Angehörige für die Dauer von bis zu zwei Tagen empfangen. Schließlich werden die Vollzugsanstalten verpflichtet, die Wiedereingliederung Gefangener zu unterstützen, indem sie ein Netzwerk aus Hilfsangeboten, Therapiemöglichkeiten und Anlaufstellen aufbauen, das ehemaligen Straftätern den Neustart in die Gesellschaft erleichtert.
SHZ 
Beim Wort Reform sollten bereits alle Alarmglocken klingeln. Denn was brachten sämtliche Reformen der vergangenen Jahre ein?
Nun gut.

"Von Beginn ihrer Haftzeit" sollen die Straftäter "auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden"?
Klingt gut. Auf diese Art muss kein Straftäter erst großartig auf die Vorzüge der Freiheit verzichten. Aus dem  "Freiheitsentzug" von gestern wird so eine "konstruktive Freiheitseinschränkung".
Und falls sie demnächst ihre Arbeit verlieren, was zwar durchaus das Risiko der Altersarmut "gefühlt" erhöht, dann freuen sie sich darüber, dass künftig vielleicht ein Knacki zu seiner Bestrafung ihren Job erledigen wird. "Im einstelligen Euro- Bereich" versteht sich, denn so können auch gleich die allgemeinen Lohnkosten weiter gesenkt werden und Deutschland bleibt weiterhin "wettbewerbsfähig". Das kann schließlich nur zu ihrem Nutzen sein.
Richtig witzig wird es aber erst, wenn dieser Knacki auch zeitgleich der Täter ist, der ihre Tochter vergewaltigt hatte, ihr mühsam erspartes Auto abgefackelt oder ins Ausland transferiert, ihren Sohn abgestochen oder sich anderweitig in ihre Zukunftsplanung ungebeten eingemischt hatte. Wie gesagt, zur Strafe muss er dann ihre bisherige Arbeit machen und das für die Hälfte oder ein Viertel ihres Gehaltes. Da freut sich jedes Opferherz. Halleluja, der Sühne wurde genüge geleistet und dem "Wachstum" geht es dann gleich besser.
Neid oder gar Unverständnis sollte dabei nicht aufkommen. Immerhin sind sie so frei, dass sie ja auch kriminell werden können und somit die Chance auf einen neuen Arbeitsplatz erhalten. Diese Art von Jobvermittlung soll sich besonders für in freier Wildbahn nicht vermittelbare Jobinteressierte lohnen. Also die Fraktion Ü50, Ü45, Ü40,...
Kaum auszudenken, wie grandios dieses Modell dazu geeignet ist (selbstverständlich, nach dem man sie unverschämt überteuerten und den Wachstum bremsenden Kostenfaktor entsorgt hat), den Fachkräftemangel hierzulande auszugleichen. Ich hätte in diese "Reform" gleich noch eingefügt, dass die Vollzuganstalten zusätzlich dazu verpflichtet werden, entsprechende Werbekampagnen im interessierten Ausland zu starten.

Nun könnte man diesen Text noch beliebig ausbauen. Das ist aber nicht nötig.
Fakt ist, dass vordergründig mit dieser Reform nicht die Strafgefangenen "belohnt" werden sollen. Sicherheitsverwahrte und vielmehr noch politische Gefangene dürften sowieso nicht in den Genuss dieser Lockerungen gelangen.
Ziel dieser Reform ist es, politische Interessen durchzusetzen. Das heißt, Geld in Umlauf zu bringen, Kosten zu senken, um an anderer Stelle Kosten zu erhöhen und dergleichen mehr. Ganz im Sinn der Oligarchen in diesem Land.
Politiker aller Parteien begrüßten den Entwurf übereinstimmend als wichtigen Fortschritt im Strafvollzug, mahnten aber mit Blick auf den notwendigen Sparkurs im Land vor aufwändigen Ausgaben. 
Was das Sparen angeht, so kann man darunter die Schließung von öffentlichen Einrichtungen, die Privatisierungen, aber auch Bankenrettungspakete, Diäterhöhungen, Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen im höheren Dienst und massive Neuverschuldung verstehen. Kurz, der Bürger leidet, die Elite profitiert.
"Es gibt keine Alternative. Diese Verbesserungen sind der beste Opferschutz", wehrt sich Ingo Hurlin gegen den Vorwurf, dass das geplante Gesetz Täter unangemessen gut behandele, während die Opfer aus dem Blick gerieten. Der Leiter der Abteilung Justizvollzug im Ministerium stellt klar: Priorität habe bei allem selbstverständlich "der Schutz der Allgemeinheit vor Straftaten".
Es gibt keine Alternative? Allein für diese Aussage müsste man diesen Hurlin (und zwar regresspflichtig mit zusätzlichen Verlusten aller Altersbezugsansprüche) achtkantig hinauswerfen, wenn man ihn schon nicht teeren, federn und Kiel holen darf.
Das wir alle einmal Sterben müssen, dafür gibt es keine Alternative.
Die Alternativlosigkeit des Hurlin ist dahingehend kriminell, verlogen und ein Zeichen geistiger, wenn auch überbezahlter Armut.
Hier ist doch die Frage höchst angebracht, ob irgendeine allgemeine Haftlockerung der letzten Jahre für einen Rückgang der Kriminalität sorgte? Das ist definitiv nicht der Fall. Also kann dieser Grund für die Justizreform ausgeschlossen werden. Und was die Rückfallquote betrifft, so dient diese auch nur als jämmerlicher, aber fadenscheiniger Vorwand. Knast begünstigt nicht die Rückfallgefahr, sondern schränkt diese ein*. Alles andere ist hanebüchener Unfug, der erst einmal bewiesen werden sollte.

Meinetwegen sollen sie die Täter minderschwerer Delikte entlassen und zwar, um für diese ekelhafte verlogene Hausiererbande namens Politiker Platz zu schaffen. Und dann befürworte ich eine wahre Justizreform: Strohmatte, Wasser und Brot, sowie harte Arbeit, zur minimalen Wiedergutmachung.

P.S. Wer sich die Zeit nehmen will, kann sich ja hier das übrige Geschwafel der Blockflöten zum Thema reinziehen.

*Ich war dreimal im Knast und kann mich also als Experte bezeichnen. Zudem ich mich später in Pädagogik, Psychologie und Soziologie schulen lies. Wer von diesen "Experten" kann mit einen solchen praktischen und theoretischen Hintergrund aufwarten? ;-)

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