USA und Europa verbünden sich mit Faschisten – in Lateinamerika wie in der Ukraine. Ein Gespräch mit Stella Calloni
Interview: Volker Hermsdorf, Havanna (jW)Foto: © Enrique de la Osa / Reuters
Die Argentinierin Stella Calloni (78) ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen und Journalistinnen Lateinamerikas. Zu ihrer am Freitag auf der Buchmesse in Havanna vorgestellten Biographie schrieb Fidel Castro das Vorwort.
Vergange Woche wurde in Havanna Ihre Biographie präsentiert, soeben haben Sie Ihr neues Werk »Evo im Visier« (Evo en la Mira) vorgestellt. Worum geht es in dem Buch?
Um die verdeckte Wühlarbeit der CIA und deren Verbindungen zum Drogenhandel und der US-Antidrogenbehörde DEA. Bei der Arbeit an diesem Buch konnte ich viele bisher noch nicht bekannte Dokumente auswerten, die den Einfluß dieser Organisationen auf frühere Regierungen des Landes belegen. Der heutige Präsident Evo Morales war schon damals als Gewerkschaftsführer in ihrem Visier und ist es heute um so mehr.
Sie kennen Evo Morales persönlich. Was hat er bisher verändert?
Ich habe seine Bekanntschaft gemacht, als er noch Gewerkschaftsvertreter der Kokabauern war, und seinen Weg seitdem verfolgt. Früher war die Situation der indigenen Bevölkerung unwürdig, und sie wurde unmenschlich behandelt. Seit Evo Präsident ist, hat sich deren Lage verbessert. Armut, Analphabetismus, Hunger und medizinische Unterversorgung wurden abgebaut. Er trägt dazu bei, unser Amerika zum Besseren zu verändern. Weil er das mit Ressourcen macht, die früher die Oligarchie und vor allem US-Konzerne für sich beanspruchten, ist er zu ihrer Zielscheibe geworden.
Wie andere linke Politiker Lateinamerikas auch?
Ich hatte das Glück, auch Fidel Castro und den vor knapp einem Jahr verstorbenen Hugo Chávez persönlich kennenzulernen. Das sind Führungspersönlichkeiten, die aus dem Volk kommen und unseren Kontinent so gestalten, wie ich es mir immer gewünscht habe: unabhängig, sozial gerecht und solidarisch. Der CELAC-Gipfel (Staaten Lateinamerikas und der Karibik) im Januar hier in Havanna hat gezeigt, daß Lateinamerika zusammenwächst und nicht länger ein Anhängsel des Imperiums ist wie Europa, das sich in der NATO ja den US-Befehlen unterwirft.
Der Gipfel war sicher ein Erfolg, aber kommt jetzt in Venezuela nicht der Gegenschlag?
Der faschistische Putschversuch in Venezuela ist schon seit längerer Zeit geplant. Aber natürlich hat der Erfolg des Gipfels die USA und die Rechten in Lateinamerika zusätzlich gereizt. Sie hatten ja mit allen Mitteln zu verhindern versucht, daß fast alle Staats- und Regierungschefs hierher nach Havanna kommen und dadurch die Bedeutung Kubas für unseren Kontinent unterstreichen. Damit sind sie grandios gescheitert, und jetzt kommt die Revanche. Zunächst in Venezuela, das wegen seines Gewichts in Lateinamerika und wegen seines Öls eine Schlüsselposition hat. In Ecuador und Argentinien sind die Rechten und die Faschisten – natürlich mit Unterstützung der USA – ebenfalls aktiv, um die dortigen Regierungen zu Fall zu bringen.
In Europa behaupten sogar Leute, die sich links nennen, daß in Venezuela Studenten- und Jugendproteste wie in anderen Ländern stattfinden. Was sagen Sie dazu?
Die Rechte in Venezuela will ja keine sozialen Verbesserungen, sondern die Rückkehr zur Herrschaft der Oligarchie und der US-Konzerne. In Chile protestieren hingegen Studenten für bessere Bildungschancen, weil das private System viele ausschließt, und in Spanien wehren sich die Menschen gegen Sozialabbau. Aber sie erschießen dort keine politischen Gegner und verbünden sich nicht mit bezahlten paramilitärischen Terrorgruppen. Wenn Menschen in Europa faschistischen Terror mit legitimen Protest gleichsetzen, dann liegt das auch daran, daß sie von den großen Medien systematisch desinformiert werden. Linke sollten die Propagandalügen aber eigentlich durchschauen. Für uns ist eines klar: Wer faschistischen Putschisten applaudiert, gehört nicht zur linken Bewegung.
Wie bei der Unterstützung des Putsches in der Ukraine?
In Europa feiern viele, daß dort de facto Faschisten durch einem Staatsstreich mit an die Macht gelangen. Das muß man sich vorstellen: Die jüdische Bevölkerung in der Ukraine muß um ihre Sicherheit und Unversehrtheit fürchten*, und ausgerechnet in Deutschland wird der Grund dafür bejubelt! Außerdem sehen viele nicht, daß die aggressive NATO-Politik den Weg für den dritten Weltkrieg bereitet.
Ist das nicht übertrieben?
Keineswegs. Die Kette Irak, Libyen, Syrien und jetzt Ukraine führt geradewegs dahin. Die USA und Europa stecken in einer tiefen Krise, das macht sie so gefährlich. Im Gegensatz zu uns in Lateinamerika ist die europäische Bevölkerung aber nicht auf das vorbereitet, was kommt. In Deutschland und Europa sind die Menschen nicht richtig informiert und sich auch nicht darüber im klaren, daß ihre Regierungen zwar überall Sprengsätze legen, die Zünder dafür aber andere in der Hand halten. Das führt direkt in die Katastrophe.P.S. Die hier erwähnten Linken Lateinamerikas sind nicht mit den Pseudolinken (Grüne, Linkspartei, SPD) in Deutschland zu verwechseln.
* Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass diverse zionistische Juden am faschistischen Terror in der Ukraine mitwirken (Beispiel). Aber auch in Venezuela sind u.a. venezolanische Zionisten am Krieg gegen die bolivarische Revolution maßgeblich beteiligt. Man kann es gar nicht oft genug erwähnen: "Zionismus und Faschismus".
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