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Türkei provoziert weiter
Grenzverletzer werden erschossen: der türkische Ministerpräsident Erdogan am Dienstag in Ankara
Die türkische Regierung macht weiter mobil zum Umsturz im Nachbarland Syrien. Auf Betreiben Ankaras hat der NATO-Rat am Dienstag den Abschuß eines türkischen Militärjets über dem Mittelmehr durch die syrische Luftabwehr »aufs Schärfste« verurteilt und den Vorfall als »nicht hinnehmbar« bezeichnet. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach dem Mitgliedsland Türkei pflichtgemäß die Solidarität des Militärpakts aus, sogenannte Vergeltungsmaßnahmen gegen Damaskus kamen in Brüssel den Angaben zufolge aber nicht zur Sprache. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte derweil an, die Einsatzregeln für die Streitkräfte seines Landes seien geändert worden. Die türkische Armee wurde demnach selbstermächtigt, grenznahe Truppenbewegungen zu bekämpfen – auf syrischem Gebiet wohlgemerkt. »Jedes militärische Element, das sich von Syrien aus der türkischen Grenze nähert und ein Sicherheitsrisiko und eine Gefahr darstellt, wird als Bedrohung und als militärisches Ziel betrachtet«, sagte Erdogan.
Das außergewöhnliche NATO-Treffen in Brüssel war ein einziges Schmierentheater. Ausgerechnet die Türkei präsentierte sich als Opfer, als Land, das sich in seiner Sicherheit bedroht sieht. In der Sondersitzung räumten die Türken ein, daß der RF-4-Jet am vergangenen Freitag »irrtümlich« in syrischen Luftraum eingedrungen war, diesen nach einer Warnung aber wieder verlassen hätte. Gleichwohl warnte der Grenzverletzter Erdogan Damaskus »vor weiteren Provokationen«. Niemand solle die zurückhaltende Reaktion der Türkei mißverstehen. »Unsere dem gesunden Menschenverstand folgenden Handlungen sollten nicht als Schwäche verstanden werden.« Die syrische Verteidigungsmaßnahme bezeichnete der türkische Regierungschef als »vorsätzlichen« und »feindlichen« Akt ohne Vorwarnung. So wertvoll, wie die Freundschaft der Türkei sei, so gewaltig und vernichtend sei ihr Zorn, tönte Erdogan laut dapd. Und: »Wir werden weiter eine brennende Qual für all die Kreise sein, die gegenüber der Türkei eine feindliche Haltung eingenommen haben.«
Dabei ist es die Türkei, die im Syrien-Konflikt längst eine »feindliche Haltung« eingenommen hat: In der Türkei haben die bewaffneten Aufständischen gegen den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad im vergangenen Jahr ihre Kommandozentrale eingerichtet. Über die Türkei werden Aufständische mit Waffen und Kommunikationsmitteln versorgt, verteilt vom US-Geheimdienst CIA. In der türkischen Metropole Istanbul hat der exiloppositionelle Syrische Nationalrat seinen Sitz.
Christine Buchholz, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Linkspartei, kritisierte am Dienstag das zynische Doppelspiel der Bundesregierung. Die Forderung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nach einer »Deeskalation des syrisch-türkischen Konflikts« bleibe angesichts seiner einseitigen Parteinahme für die Türkei »unglaubwürdig«. Westerwelle verschleiere, »daß dem Abschuß des türkischen Kampfjets dessen Eindringen in den syrischen Luftraum vorausging«, so Buchholz. »Das hat den Konflikt in Syrien an den Rand eines internationalen Krieges gebracht. Es handelte sich um eine Provokation, die keine Solidarität verdient.« Die Demokratisierung Syriens und die Erlangung sozialer Gerechtigkeit könne nicht durch militärische Drohungen von außen erreicht, sondern nur im Lande selbst erkämpft werden.
Rüdiger Göbel (jW)
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