Donnerstag, 7. April 2016

Der Fall Böhmermann: Viel Lärm um Nichts

Auch innerhalb der Bundesregierung wird von einem höchst wahrscheinlich strafbaren Vergehen ausgegangen. Zu diesem Schluss kommt das Auswärtige Amt (AA) in einer internen juristischen Prüfung,... Mit der kurzfristigen Prüfung, deren Ergebnis am Sonntag in einer Krisensitzung im Ministerium vorgestellt wurde, reagierte das Auswärtige Amt auf den erheblichen Unmut, den Böhmermanns Erdogan-Kritik in der türkischen Regierung ausgelöst hatte.
Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraph 103 des Strafgesetzbuches mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden, wenn die Beleidigung in verleumderischer Absicht erfolgt, sogar mit bis zu fünf Jahren.
Ob auch die Türkei ein Strafverlangen stellen wird, ist noch unklar. Nach dem Telefonat Merkels mit Davutoglu sei die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass die Türkei auf diesen Schritt verzichten werde, hieß es in Regierungskreisen.
Quelle: Tagesspiegel
Um es diplomatisch auszudrücken, kann auch ich dem Schaffen Böhmermanns nur wenig bis nichts abgewinnen. Doch weitaus weniger kann ich das in Bezug auf Steinmeier und Merkel.
Und wer wie der Tagesspiegel Böhmermanns Schmähung als Erdogan-Kritik bezeichnet wissen will, kann sich gleich in die Reihe der Vollpfosten einreihen. Von einer allumfassenden Draufschau sind sie alle so weit entfernt, wie die Erde vom Proxima Centauri.

Um es kurz zu machen, schauen wir uns gleich mal den Paragraphen 103 an. Oder noch besser, den Teil des Paragraphen, den die Inquisitoren und ihre medialen Sprachrohre absichtlich ausblenden. Denn im Böhmermann-Fall hat die Lüge sehr kurze Beine.
§ 103, Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten 
(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Es handelt sich also um viel Lärm um Nichts. Man kann sich von Böhmermann distanzieren, strafrechtlich relevant ist seine Erdogan-Schmähung jedoch nicht. Was auch der Bundesregierung bzw. dem Auswärtigen Amt von Anfang an klar gewesen sein dürfte. Dementsprechend fielen auch mal wieder die "Antworten" auf der Bundespressekonferenz aus.

Es würde mich nicht wundern, wenn nun gewisse Kreise eine Reform des §103 anstreben würden.

2 Kommentare:

  1. konzentrierter Unsinn:
    Anmerkung zu § 103 von ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam: "Beim Lesen von § 103 StGB könnte man über die Formulierung 'im Inland aufhält' stolpern und denken: Erdogan war doch gar nicht in Deutschland, die Vorschrift passt gar nicht. Sie passt aber doch. In den juristischen Kommentaren zum Strafgesetzbuch ist ausdrücklich klargestellt: Der Aufenthalt im Inland bezieht sich nur auf die zweite Alternative 'Mitglied einer ausländischen Regierung', nicht auf das zuerst genannte 'ausländische Staatsoberhaupt'."
    siehe https://www.tagesschau.de/inland/tuerkei-boehmermann-111.html oder auch http://blog.beck.de/2016/04/11/tayyip-erdogan-versus-jan-b-hmermann-wegen-beleidigung#comment-71673

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    1. Dem scheint wirklich so zu sein. Sonst hätte es im Gesetzestext auch 'aufhalten' und nicht 'aufhält' geheißen.
      Wie auch immer. Falls Böhmermann nicht freigesprochen wird, wäre das ein weiterer Grund Deutschland zu verlassen.

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