Montag, 16. Januar 2023

Auswürfeln wäre demokratischer. Zur Wahl unserer Verfassungsschützer

Gleich vier der 16 Richter des Verfassungsgerichts müssen ausgetauscht werden. Die derzeitige Vorgehensweise zur Neubesetzung ist allerdings etwas fragwürdig. Die mangelnde Transparenz und die unterdrückte öffentliche Diskussion über die Personen und deren Auswahl passen nicht zu einer modernen Demokratie.
Die gesetzlichen Bestimmungen vorweg: Gemäß Art. 94 Grundgesetz (GG) werden Bundesverfassungsrichter je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Konkretisiert wird diese Vorgabe durch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG). Nach § 2 BVerfGG besteht das Bundesverfassungsgericht aus zwei Senaten, für die je acht Richter gewählt werden. Von den je acht Richtern der zwei Senate werden gemäß § 2 Absatz 3 BVerfGG je drei aus dem Kreis der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählt.
Alle Kandidaten für das Verfassungsrichteramt müssen ein Mindestalter von 40 Jahren erreicht haben, die Wählbarkeit zum Bundestag besitzen und zum Richteramt befähigt sein. Die Richter werden auf zwölf Jahre gewählt; die Altershöchstgrenze ist das 68. Lebensjahr. Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit ist eine Wiederwahl ausgeschlossen.
Das Bundesministerium der Justiz führt eine ständig zu aktualisierende Liste mit den für das Verfassungsrichteramt geeigneten Bundesrichtern sowie eine Liste mit den Vorschlägen der Fraktionen, der Bundesregierung oder der Landesregierungen. Diese Listen sind nicht bindend, werden den Wahlorganen von Bundesrat und Bundestag jedoch vor einer Wahl zugeleitet.
In der Praxis teilen Bundestag und Bundesrat die Wahl der BVerfG-Richter wie folgt auf: Der Bundestag wählt je Senat zwei Bundesrichter sowie zwei sonstige Mitglieder. Der Bundesrat wählt einen Bundesrichter sowie drei sonstige Mitglieder. Bei der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten wechseln sich die Bundesorgane gemäß § 9 BVerfGG ab.
Zum Wahlverfahren im Bundestag: Die Wahl der vom Bundestag zu berufenden BVerfG-Richter erfolgt auf Vorschlag des sogenannten Wahlausschusses gemäß § 6 BVerfGG durch das Plenum des Bundestages. Der Wahlausschuss wird zu Beginn jeder Wahlperiode eingesetzt und besteht aus zwölf Mitgliedern des Bundestages, die auf Vorschlag der Fraktionen nach den Regeln der Verhältniswahl vom Bundestag gewählt werden. Der Wahlvorschlag an den Bundestag erfolgt mit Zweidrittelmehrheit. Die Wahl des Kandidaten im Plenum erfolgt ohne Aussprache und mit verdeckten Stimmzetteln. Gewählt ist ein Kandidat durch das Plenum, wenn er eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt.
Zum Wahlverfahren im Bundesrat: Die Wahl der vom Bundesrat zu berufenden BVerfG-Richter erfolgt gemäß § 7 BVerfGG. Die zu berufenden Richter werden nach einem Beschlussvorschlag einer Findungskommission gewählt. Erforderlich ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen des Bundesrates, nicht nur der abgegebenen Stimmen. Das Wahlverfahren des Bundesrates ist damit einschließlich der Abstimmung öffentlich. Dabei wird grundsätzlich durch Handaufheben, auf Verlangen eines Landes durch Aufruf der Länder abgestimmt.
Das ist die Praxis – Wie man halt so wählt
Nun wurden am 15. Dezember 2022 im Bundestag drei neue Verfassungsrichter gewählt:
Thomas Offenloch auf Vorschlag der FDP; er löste am 11. Januar 2023 Peter M. Huber ab, der vor zwölf Jahren auf Vorschlag von CDU/CSU gewählt worden war. Ab 2013 war Offenloch am Bundesgerichtshof (BGH); dort gehörte er ab 2019 dem 6. Zivilsenat an.
Rhona Fetzer auf Vorschlag der SPD; sie löste am 11. Januar 2023 Monika Hermanns ab, die vor zwölf Jahren ebenfalls auf Vorschlag der SPD gewählt worden war. Rhona Fetzer ist seit 2009 Richterin am BGH und dort seit Mai 2022 Vorsitzende des 8. Zivilsenats.
Martin Eifert auf Vorschlag der „Grünen“; er löst am 1. Februar 2023 Susanne Baer ab, die vor zwölf Jahren ebenfalls auf Vorschlag der „Grünen“ gewählt worden war. Zuletzt war Eifert Juraprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hatte schon vor zwei Jahren gute Karten gehabt, und zwar auf SPD-Ticket. Damals hatte er gegenüber Ines Härtel das Nachsehen, die von Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) als „Ostdeutsche“ durchgesetzt wurde.
Offen ist noch, wer auf Verfassungsrichterin Gabriele Britz folgt, deren Amtszeit ebenfalls am 1. Februar endet. Für dieses Verfahren ist der Bundesrat zuständig, der zu seiner nächsten turnusmäßigen Sitzung aber erst am 10. Februar zusammenkommt. Hier ist die SPD mit einem Vorschlag am Zug.
Es fällt auf, dass alle drei am 15. Dezember 2022 gewählten neuen Richter von Fraktionen der Ampel-Koalition vorgeschlagen wurden. Von den nächsten drei BVerfG-Richterpositionen werden wieder zwei Wahlen an CDU/CSU-Vorschläge gehen: Die Amtszeit von Peter Müller endet am 30. September 2023, die von Sibylle Kessal-Wulf am 18. Dezember 2023.
Bemerkenswert ist jedenfalls, dass der Nachfolger von Peter M. Huber von der FDP vorgeschlagen wurde. Schließlich war Huber einst ein Unions-Vorschlag. Schon 2018 war allerdings festgehalten worden, dass die Huber-Nachfolge an einen FDP-Kandidaten gehen soll. Das war 2018 so ausgetüftelt worden. Und zwar gab es damals die Verabredung der Parteien, wonach bis 2022 in beiden Senaten der Schlüssel 3 – 3 – 1 – 1 verwirklicht werden soll. Diese Proporz-Formel „3 – 3 – 1 – 1“ bedeutet, dass in jedem Senat je drei Richter auf Vorschlag von CDU/CSU und SPD sitzen sollen und je ein Richter auf Vorschlag von Grünen und FDP. Die Linke und die AfD werden nicht berücksichtigt, da sie für die Zweidrittelmehrheiten nicht benötigt werden und auch keine Sperrposition im Bundesrat haben.
Als nächstes ist nun wieder die SPD am Zug. Und zwar für die Nachfolge von Gabriele Britz, deren Amtszeit am 1. Februar 2023 endet. Alle drei Wahlen (Nachfolge für Gabriele Britz sowie noch 2023 für Peter Müller und Sibylle Kessel-Wulf) erfolgen übrigens im Bundesrat (siehe auch hier).
Wahlen intransparent wie die WM-Vergabe für Katar?
An der Qualifikation der neuen Verfassungsrichter, zwei davon seit Jahren am Bundesgerichtshof, soll hier nicht der geringste Zweifel geweckt werden! Allerdings passen die mangelnde Transparenz und die unterdrückte öffentliche Diskussion über die Personen und deren Auswahl nicht zu einer modernen Demokratie. Deshalb hat die Sache ein „G’schmäckle“.
Der renommierte Anwalt und BILD-Kolumnist Joachim Steinhöfel brachte es bereits am 19. Dezember 2022 markant auf den Punkt. Er schrieb im Zusammenhang mit der Wahl vom 15. Dezember 2022 im Bundestag von einer Kungelei, die an die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Katar erinnere. Steinhöfel kritisiert, dass die Öffentlichkeit hier vor vollendete Tatsachen gestellt wird und fast kein Medium berichtet. Bei der Wahl neuer Richter an den Obersten Gerichtshof der USA hingegen sei der Blätterwald in Deutschland voll. Wir fügen an: Und wenn es um Rügen gegen Polen und Ungarn geht, auch!
Josef Kraus

Und wie gestern in der 20 Uhr- Ausgabe der Tagesschau zu sehen war, auch wenn es um Israel geht, wo angeprangert wurde, dass der "ultrarechte" Ministerpräsident eine Justizreform zum Schaden der richterlichen Unabhängigkeit durchführen möchte. Was nicht gesagt wurde, war, dass die geplante Justizreform eine Leichtversion des Verfahrens abgeben würde, wie es im besten Deutschland aller Zeiten Gang und Gäbe ist.

1 Kommentar:

  1. Das ist Mafia Klientel Politik der übelsten Art. Siehe die Gender Tussi, Susanne Baer, ohne jede Justiz Erfahrung nur als Hochstabler des Georg Soros und Gender Schwachsinn unterwegs und Millionen abgegzockt

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