Um sicher Recht zu tun, braucht man sehr wenig vom Recht zu wissen. Allein um sicher Unrecht zu tun, muß man die Rechte studiert haben.
Georg Christoph LichtenbergRP-Online veröffentlichte einen Artikel namens "Die Macht der Mafia". Der Einheizer lautet:
"Der italienische Staat könnte in die Anschläge auf die "Mafia-Jäger" Giovanni Falcone und Paolo Borsellino von 1992 verwickelt sein. Das legen neue Aussagen von zwei Kronzeugen nahe."
Menschen, die hier einen Skandal wittern, weisen lediglich darauf hin, daß sie nur über maximal geringfügige Kenntnisse in puncto "Mafia" verfügen. Kein Insider (Eingeweihter) würde eine derartige Meldung als bemerkenswert abtun, sondern sie als das bezeichnen, was sie ist.
Im Text lautet es:
Die zentrale Frage: Wusste der aufrechte Ermittler und Volksheld Paolo Borsellino von den Verhandlungen zwischen Behörden und Cosa Nostra und musste er deshalb sterben?Signore Borsellino war berufsmässig ein Insider, deshalb dürfte die Frage mit einem Ja zu beantworten sein. Ob er sein Wissen darüber nur auf Indizien begründete oder dieses im Zusammenhang mit Fakten erhielt, ist dabei weniger maßgeblich. Fakt ist, daß die "Mafia" nur in Ausnahmesituationen töten läßt. Sozusagen als letztes Mittel gescheiterter Geschäftspolitik. Signore Borsellino wußte nicht nur um Dinge, die für die "Mafia" gefährlich waren, sondern wollte dieses Wissen gegen die "Mafia" verwenden. Allein das bedeutete sein Todesurteil.
"Mit dem Borsellino-Attentat kurz nach dem gegen Falcone könnte die Cosa Nostra versucht haben, die Verhandlungen mit den Institutionen zu beschleunigen", sagt Italiens oberster Antimafia-Staatsanwalt Piero Grasso.Diese Äußerung von Grasso ist bemerkenswert. "Könnte versucht haben", tralala, dieser Mann weiss genau, wie das System funktioniert. Von Beschleunigung zu reden, bedeutet hier die allgemeine Mär von der "Mafia" aufrechtzuerhalten. Das Attentat diente einer Beschleunigung im Sinne, unliebsame Enthüllungen zu verhindern und nicht dazu, irgendwelche Verhandlungen zu beschleunigen. Grasso müsste wissen, wie die "Mafia" funktioniert. Seine Worte sagen wenig über die Realität aus, aber sehr viel über die eigene Funktionalität innerhalb dieses Geflechts. Die "Mafia" ist ein beliebiges komplexes System aus allen Bereichen der Gesellschaft und keine Randerscheinung, wie es gerne den Uneingeweihten eingetrichtert wird. Die Mitglieder der "Mafia" kennen sich oft gar nicht und wenn sie sich kennen, wissen sie oft gar nicht, das der Andere eine Funktion hat. Geschweige denn, welche. Nie darf man sagen, die Polizei sei beispielsweise korrupt. Dies wäre ein Irrtum. Es sind immer nur Einzelpersonen korrupt. Wichtige Entscheidungsträger, aber auch Fußtruppler. Und genauso ist es in der Wirtschaft, in der Politik, in der Justiz,... An dieser Stelle möchte ich den US- Amerikaner und Soziologen an der Berkeley University of California, William J. Chambliss, zitieren, der jahrelang die kriminellen Vereinigungen erforschte (aus "Eine kriminelle Vereinigung"):
Der vorherrschende Mythos einer "Mafia" oder einer "Cosa Nostra" ist kaum mehr als nützliche politische Propaganda, der sowohl Journalisten wie Soziologen auf den Leim gegangen sind. Er ist deshalb nützliche politische Propaganda, weil er die Aufmerksamkeit auf ein paar Randfiguren der organisierten Kriminalität lenkt, ohne das intime Verhältnis aufzudecken, das zwischen den illegalen Unternehmen und der Wirtschaftspolitik Amerikas besteht. Er ist deshalb nützliche Propaganda, weil man so leicht an Gelder "zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens" kommen kann, die dann die Bürokraten gemäß ihren Vorstellungen ausgeben. Er ist nützliche Propaganda, weil er eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit unter der Bevölkerung erhält, einer Bevölkerung, die immer mehr vom Gebrauch der staatlichen Gewalt abhängig wird, damit sie sich "geschützt" fühlt.Chambliss schrieb diese Worte 1978 und ich kann ihm nur beipflichten. Auch ich habe mich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt und kenne Personen aus dieser Szene persönlich. Ob in den USA, in Deutschland oder in Italien, derartige Geschäftsbeziehungen sind überall nahezu identisch und sie funktionieren international.
Wenn von Amtswegen (Thomas de Maizière war dabei die ordnende Hand des Systems) der sog. "Kinderbordell- Skandal" in Leipzig unterdrückt und verschleiert wird, der Hamburger Bürgermeister v. Beust als offiziell geladener Gast auf Osmani- Parties erscheint oder der "paranoide Rollstuhlfahrer" Schäuble Gelder vom Waffenhändler Schreiber annimmt (Schreiber zahlte kein Schmiergeld, sondern einen Obolus an seine Genossen!), dann ist das kein Zufall. Es ist alltägliche Realität. Eine Realität, die immer offener und dreister zu Tage tritt. Oder, wie wollen sie, lieber Leser, die "Bankenrettungspakete" nennen? Wunder gibt es jedenfalls nicht, es mangelt stets nur an Erklärungen. Im letztgenannten Fall wird auch nur für die unwissenden Genarrten von Rettung gesprochen, die Wissenden auf beiden Seiten erkennen dahinter ein wohldurchdachtes und gut organisiertes Geschäft.
W.J. Chambliss schliesst sein o.a. Werk mit den Worten:
Um etwas zu verändern, brauchen wir eine neue Brille.Packen wir sie aus!
Borsellino und Falcone waren ehrenvolle Bürger ihres Landes, genauso, wie es im "Leipziger Skandal" ("Sachsensumpf") der anfangs ermittelnde Staatsanwalt ist und der Kripo- Beamte war (er, Ehemann und Vater, hatte sich mit seiner Dienstwaffe durch Kopfschuss selbst hingerichtet - welcher Druck muss auf ihn gelastet haben?). Solange das Volk die Mär von der "Mafia" glaubt und nicht Menschen wie die Genannten in höchste Ämter befördert und diese dann auch noch in ihrer Arbeit unterstützt, wird sich nichts zum Guten ändern. Wie krank muss man sein, völlig zahnlos die Zeche zu bezahlen? Wie krank muss man sein, es hinnehmen zu können, in einer Strasse zu wohnen, deren Name die eines Schwerverbrechers trägt, was zu oft der Fall ist?
So, das soll es für heute aus dem "Nähkästchen" gewesen sein...
-weiterführende Literatur u.a. von Jürgen Roth
- für Freunde des Films sei hier die ZDF- Produktion "Der Schattenmann" erwähnt
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