Über 2,6 Millionen Erwerbstätige waren im Jahr 2007 von Armut bedroht. Dies berichtet das Statistische Bundesamt. Laut Bundesamt betrifft es jeden 15. Erwerbstätigen von den insgesamt 39,71 Millionen Erwerbstätigen in der BRD. Diese Menschen gehen für weniger als 913 T€uronen (diese Zahl gilt als amtliche Grenze bezüglich einer Armutsgefährdung) im Monat arbeiten, was angesichts der Lebenshaltungskosten in der BRD erschreckend ist.
Nun ist es mir nicht bekannt, welche Äußerungen hierzu Sarrazin & Co. tätigen, doch dürfte diese Mischpoke einer menschenverachtenden Ideologie dieses Thema unter die Rubrik "selbst schuld" stellen. Wobei sie damit keineswegs Unrecht hätten. Denn Revolutionen und Revolten finden nicht ohne die Entrechteten, Ausgebeuteten und Unterdrückten statt. Allerdings dürften dann die Sarrazine nicht mehr lachen, denn Geld arbeitet bekanntlich nicht. Arbeit leisten Menschen und wenn diese sich verweigern, für den Luxus einer selbsterhobenen Elite aufkommen zu müssen, dann wird es tiefe Nacht für die Menschenfeinde um Sarrazin.
Fahrer, die eine Familie versorgen müssen, liegen mit ihrem Verdienst tatsächlich unterhalb der gültigen Sätze für Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II. Ein großer Teil der Busfahrer muß Sozialleistungen wie Wohngeld in Anspruch nehmen. (...) Auch die Kollegen, die nach den Autokraft- und TVN-Tarifen bezahlt werden, erhalten mitunter Löhne unterhalb der Hartz-IV-Grenze.
Ich möchte mich hier nicht ausführlich über die Schweinegrippe äußern, aber ein Aspekt scheint mir besonders erwähnenswert.
In der BRD haben sich angeblich 4,8 Millionen Menschen impfen lassen. 50 Millionen Impfdosen wurden eingekauft. Die Systemmedien verbreiten aber die Botschaft, dass ein Mangel an Impfstoff eintreten könnte, da die Impfdosen bereits knapp sind und daher dringend nachbestellt werden muss.
Welchem Zweck dient das? Dem Zweck, den die Schweinegrippenhysterie von Anfang an hatte?
Als ich die Unterlagen des MfS, die zu meiner Person aufgefunden wurden, besichtigen durfte, fiel mir auf, daß die zwei Akten nur Teilbestände der langjährigen MfS- Erfassung waren und mir das Lesen der vollständigen Akten von der BStU verweigert wurde. Dies obwohl die beiden Akten ausschliesslich meine Person betrafen. Der Anteil, den ich nicht einsehen durfte, betrug bei der einen Akte geschätzt 70 Prozent. Ich nahm mein Recht in Anspruch, gegen Bezahlung Aktenkopien von meinen Akten anfertigen zu lassen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Namen Dritter in den Kopien geschwärzt werden, aber sonst nichts. Das große Erstaunen überkam mich, als ich diese Kopien per Post erhielt. Von einer Aktenseite wurde sogar über die Hälfte komplett geschwärzt. Ich hatte noch in Erinnerung, daß dort eine Personeneinschätzung über mich und teilweise auch über einen Freund gestanden hatte. Seinen Namen zu schwärzen, wäre legal gewesen. Den gesamten Text zu schwärzen, bleibt das Geheimnis der BStU.
Das Fazit, daß ich damals aus dieser Erfahrung zog, war, daß ich der Bundesregierung und ihrer BStU keinerlei Vertrauen entgegenbringen kann und in der BStU politisch- korrekt gearbeitet wird. Das soll heissen, daß die BStU ein Propagandainstitut ist, welches nur im Sinne der Bundesregierung und ihrer Zentrale in Übersee arbeitet. Dieses Institut dient keiner wissenschaftlichen Aufarbeitung, sondern einer ideologischen Zubereitung.
Aus diesem Grund ist es immerwieder interessant für mich, auch der Gegenseite meine Aufmerksamkeit zu schenken, da diese Seite die einzigste Partei in diesem Trauerspiel ist, der an einer wissenschaftlich fundierten Aufklärung gelegen ist. Das ist meine Erfahrung der letzten Jahre. Gewiss habe ich genügend Gründe, dem MfS und den Behörden der DDR feindlich gegenüberstehen zu können. Doch geht es mir nicht darum, nach einen Feind zu treten, den es nicht mehr gibt. Mir geht es darum, daß eine möglichst große Gerechtigkeit erreicht werden soll. Dies funktioniert nur mit bedingungsloser Sachlichkeit. Die DDR konnte meine Persönlichkeit nicht brechen und die BRD wird dies auch nicht schaffen. Mein Idealismus, meine Werte und meine Prinzipien werden erst aus dieser Welt sein, wenn ich eines Tages nicht mehr bin. So lange sind sie mein unverbrüchliches Gut, unkorrumpierbar durch ideologisch verblendete Verbrecher.
Analyse: 180000 laufende Meter Unterlagen der DDR-Staatssicherheit sollen nach eigenen Angaben in der Birthler-Behörde lagern. Bei genauerer Betrachtung schmilzt der Datenbestand dahin. Von Herbert Kierstein und Gotthold Schramm Beide Autoren waren über Jahrzehnte beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR tätig, Herbert Kierstein im Bereich »Spionagedelikte gegen die DDR« und Gotthold Schramm zunächst in der Spionageabwehr und dann für die Sicherheit der DDR-Auslandsvertretungen zuständig. Anläßlich der Premiere ihres gemeinsam verfaßten Buches »Freischützen des Rechtsstaats – Wem nützen die Stasiunterlagen und Gedenkstätten?« veröffentlicht jW Auszüge aus dem gerade erschienenen Buch (Zwischenüberschriften von jW). Zur Buchpremiere lesen beide Autoren am 1.12. um 19 Uhr in der jW-Ladengalerie in der Torstraße 6, Berlin-Mitte.(jW) Die BStU (Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – d.Red.) war nie darauf aus zu versöhnen. Ihr Auftrag war das ganze Gegenteil. Sie stiftete und stiftet Unfrieden. (…) Selbst Institutionen wie der – der »Ostalgie« und der Nähe zum MfS (Ministerium für Staatssicherheit – d.Red.) unverdächtige, wohl aber der SPD nahestehende – Willy-Brandt-Kreis beurteilten kritisch den Auftrag und die Praxis der BStU: »Die Behörde war von Anfang an nicht als neutrale wissenschaftliche Einrichtung angelegt, sondern hatte eine politische Zweckbestimmung. Wie der damals zuständige Ministerialdirigent im Bundesinnenministerium erklärte, hatte der Sonderbeauftragte den Sonderauftrag, die DDR zu delegitimieren. Gleichzeitig waren alle geheimdienstlichen Erkenntnisse über die Bundesrepublik streng geheim, sie stehen der kritischen Aufarbeitung nicht zur Verfügung. Damit begann eine auf ostdeutsche Repressionsgeschichte eingeengte, selektive Geschichtsschreibung, die nicht nur Alltagsgeschichte ausblendete, sondern auch Forschungsvorhaben, die nicht die gewünschte Delegitimierung erbrachten, unter den Tisch fallen ließen. (So wird beispielsweise bis heute die Zahl der tatsächlich bespitzelten DDR-Bürger, die Opfer einer »Operativen Personenkontrolle« wurden, geheimgehalten, weil mit ihr vermutlich das Bild von den flächendeckend kontrollierten Bürgern nicht aufrechtzuhalten wäre.) Emanzipatorische Elemente wie die Brechung des Bildungsprivilegs in der DDR oder das Selbstbewußtsein von Produktionsarbeitern wurden genauso ausgeblendet wie Aspekte der bundesdeutschen Repressionsgeschichte. Mit ihrer Reproduktion von staatlich beaufsichtigter Geschichtswissenschaft hat die Behörde von Anfang an auch zu Fehlurteilen und Legendenbildungen beigetragen. Wenn in den alten Bundesländern und im Ausland das Bild der DDR als das eines reinen Unrechtsstaates vorherrsche, in dem alle Bürger entweder bei der Stasi gearbeitet haben oder von ihr beobachtet wurden, bei jeder mißliebigen politischen Äußerung im Gefängnis landeten und nur unter Lebensgefahr das Land verlassen konnten, so hat die Behörde ihren Auftrag erfüllt«, hieß es in der im Februar 2005 vom Willy-Brandt-Kreis abgegebenen Erklärung. Und weiter hieß es dort: »Immer wieder hat die Behörde ›Personen der Zeitgeschichte‹ demontiert, die sich dem herrschenden Zeitgeist nicht gebeugt haben, während einstige IM, die sich jetzt opportun äußern, in Ruhe gelassen wurden. Dieser von der Behörde ausgeübte politische Anpassungsdruck lag nicht im Interesse von Demokratie! Laut Auskunft von Joachim Gauck haben 98 Prozent der DDR-Bürger nie für die Staatssicherheit gearbeitet. Dennoch haben nur 2,6 Prozent derselben Bevölkerung volles Vertrauen zu der Behörde, die absolute Mehrheit hat überhaupt kein, sehr wenig oder etwas Vertrauen, wie das sozialwissenschaftliche Forschungszentrum Berlin-Brandenburg ermittelt hat. Die Behauptung der Behörde, ›der Geheimdienst hatte jeden Aspekt des Lebens durchdrungen‹, geht an der Erinnerung der meisten Menschen vorbei, erzeugt Überdruß, Abwehr und Trotz. So förderte die Behörde durch ihre ideologische Übertreibung gerade das, was sie vermeiden sollte, nämlich DDR-Nostalgie«, hieß es weiter, wobei sicher einschränkend angefügt werden muß: nicht nur »DDR-Nostalgie«, sondern grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik und ihren Institutionen. »Wir brauchen eine differenzierte Aufarbeitung von Geschichte, die auch die westdeutsche Parallelgeschichte nicht ausblenden darf, weil sich nur in der Gesamtsicht Aktionen und Reaktionen erklären lassen« (so der Willy-Brandt-Kreis – d.Red.). Die auf eine differenzierte Aufarbeitung von Geschichte gerichteten Bemühungen ehemaliger DDR-Bürger betrachtet die BStU offenkundig als Bedrohung der von ihr beanspruchten alleinigen Deutungshoheit. Sie reagiert abwehrend und beleidigend auf demokratische Wortmeldungen. Im Tätigkeitsbericht der Behörde von 2007 hieß es dazu entrüstet: »Frühere Verantwortungsträger und Profiteure der SED-Diktatur« meldeten sich »unverschämter denn je zu Wort. Ihnen ist die zunehmende Bereitschaft, sich kritisch mit der DDR auseinanderzusetzen, offenbar unerträglich. In dem Versuch, ihre Lebenslügen aufrechtzuerhalten, diffamieren sie Bemühungen um Aufarbeitung und beleidigen Diktaturopfer. Zahlenmäßig mögen diese betagten Anwälte der Unfreiheit nicht sehr ins Gewicht fallen, doch finden sie immer noch ihr Publikum.« Wer da »unverschämt« ist, liegt wohl auf der Hand. Allerdings fragt man sich: Wenn die Zahl der »betagten Anwälte der Unfreiheit« zahlenmäßig angeblich »nicht sehr ins Gewicht« fällt – warum dann soviel Aufhebens? 177950 Meter Akten »Viele von Ihnen wissen schon, daß wir insgesamt 180 Kilometer Schriftgut verwalten. Das ist ungefähr die Strecke von Berlin nach Leipzig. Im Vergleich dazu hat das Bundesarchiv zur Zeit vielleicht 240 Aktenkilometer.« So schwadronierte Marianne Birthler bescheiden vor dem Bundestagsausschuß für Kultur und Medien am 8. Februar 2006. Auf einen Vergleich der personellen und finanziellen Ausstattung verzichtete sie. Das Bundesarchiv hat rund 800 Mitarbeiter und einen Jahresetat von etwas über 50 Millionen Euro. Ihre Behörde verfügte zu jenem Zeitpunkt über die etwa dreifache Zahl von Mitarbeitern und einen doppelt höheren Etat. Das sagt viel über die Wertigkeit und die Bedeutung beider Einrichtungen für die herrschende Klasse. Seit geraumer Zeit geistert die 2006 von Frau Birthler kolportierte Zahl der Aktenkilometer durch die Medien. Jene 180000 laufenden Meter sollen anschaulich die These von der »flächendeckenden Überwachung« stützen. Unter der Ägide Pfarrer Gaucks tauchten in der BStU erstmals Zahlen auf, die in ihrer Summe einen Bestand von 177950 Metern ergaben. Bis zu jenen 180 Kilometern von Frau Birthler fehlten damals also 2050 Meter. Nimmt man an, daß unser holzhaltiges Papier 0,2 mm je Blatt maß (was gewiß zu hoch angesetzt ist, aber sei’s drum), dann entspräche dies rund zehn Millionen Blatt Schriftgut. Wo kamen die plötzlich noch her? Vermutlich hat man die Zahlen so frisiert wie die Arbeitslosenstatistik oder die Inflationsrate nach der Euro-Umstellung. Ursprünglich wurde nämlich das eingelagerte Material in folgende Kategorien unterschieden: »Schriftgut, sicherheitsrelevantes Schriftgut (was immer das heißen mag – d. Autoren) und Schriftgut auf Sicherungs- und Arbeitsfilmen, umgerechnet auf Papier.« In nachfolgenden Tätigkeitsberichten wurden die Kategorien und Charakteristiken fortlaufend geändert, man führte andere Begriffe ein, sortierte um, etikettierte neu. Dadurch wurde es Außenstehenden unmöglich zu vergleichen. Man kennt diese Praxis bei den Handytarifen: Ein prüfender Vergleich der unterschiedlichen Angebote ist nahezu unmöglich. Genau das wird mit den unvergleichbaren Koordinaten und Kriterien auch bezweckt. Aber in den Tätigkeitsberichten der Behörde ging und geht es ja auch weniger um nachprüfbare Zahlen, sondern primär um Propaganda. Um Belege dafür, daß der politische Auftrag erfüllt wird. Daß die Steuermillionen als gut angelegt erscheinen. In der Politlyrik von Pfarrer Gauck las sich das 1994 so: Die DDR habe »zwar nicht wie das Dritte Reich Berge von Leichen hinterlassen, statt dessen aber nicht minder schreckliche Berge von Akten, die ganz schöne Hügel von Leichen und ein ganzes Gebirge von Entbürgerlichtem enthalten«. »Ein Sumpf zieht am Gebirge hin, verpestet alles schon Errungene«, möchte man da mit Goethes Faust ausrufen, doch halten wir uns an die Zahlen. Im 8. Tätigkeitsbericht der Behörde wird der Aktenbestand im April 2007 so angegeben: Zentralstelle und Außenstellen gesamtlfd. Meter Archivbestand (Abteilung XII) [Schriftgut einschließlich Mikrofiches, Filme, Disketten usw.] 49554 Unterlagen der Diensteinheiten [Schriftgut einschließlich Karteien des MfS und spezieller Datenträger im unerschlossenen Bestand] 62428 Karteien 11744 Gesamt 123726 Demzufolge fehlten 2007 Frau Birthler schon mehr als 56 Kilometer oder 280 Millionen Blatt Aktenmaterial an den angeblichen 180 Aktenkilometern. Die Differenz erklärte sie mit Nachmessungen. Plötzlich 56 Kilometer weniger Wie hat man damals und dann später gemessen, daß plötzlich 56000 Meter Akten fehlen konnten? Hatte man zuvor allzu großzügig aufgerundet, weil es politisch opportun schien? Und warum hatte sich nunmehr fast ein Drittel des angegebenen Aktenbestandes verflüchtigt? Diese Frage ist nicht nur rhetorischer Natur. Lösten sie sich etwa ähnlich in Luft auf wie Teile der Akten von Rainer Eppelmann? Als der Expfarrer noch im Bundestag saß, erklärte er 1992 gegenüber dem Stern sein Erstaunen, daß die Kontakte zu CIA-Mitarbeitern aus seiner Akte bei der BStU verschwunden seien. Hat eine Institution nach Eppelmanns Akte gelangt und diese bereinigt, weil das Gesetz es befahl? Nach Paragraph 37 (1) Ziffer 3 Buchstabe c und d des »Stasiunterlagengesetzes« (StUG) sind geheimzuhalten und gesondert zu verwahren: Unterlagen über Mitarbeiter von Nachrichtendiensten des Bundes, der Länder und der Verbündeten sowie Unterlagen über Mitarbeiter anderer Nachrichtendienste bzw. über Mitarbeiter mit technischen oder sonstigen fachlichen Anweisungen oder Beschreibungen über Einsatzmöglichkeiten von Mitteln und Methoden auf den Gebieten der Spionage, Spionageabwehr oder des Terrorismus, wenn der Bundesminister des Innern im Einzelfall erklärt, daß das Bekanntwerden der Unterlagen die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde. Verhält es sich so, dann bedeutet dies, daß vermutlich alle Akten von ehemaligen DDR-Bürgern, die vom MfS erfaßt wurden, weil sie bewußt oder unbewußt mit Geheimdienstmitarbeitern oder von diesen geworbenen Spionen in Kontakt standen, entsprechend »bereinigt« wurden. Man hat vorsätzlich Spuren verwischt, die auf andere Nachrichtendienste weisen. Das heißt: Betreffende erhalten eine unvollständige Akte, ohne daß ihnen dies bewußt wird. Sie erfahren weder, welche Blätter entnommen wurden, noch wird ihnen wegen dieser Lücken offenbart, warum das MfS so handelte. Die tatsächlichen Gründe für das Vorgehen bleiben im dunkeln. Es bleibt nur das Gefühl der Überwachung und Kontrolle. Vor diesem Hintergrund ist man natürlich für die Lüge von der flächendeckenden MfS-Willkür eher empfänglich. Im Bericht aus dem Jahr 2007 sind auch 11744 Meter Karteien aufgeführt. Was steht dahinter? Unterstellt, daß es sich dabei um Unterlagen der Abteilung XII, der zentralen Auskunftskartei, handelte: Wie wurden die Karten gezählt und vermessen, die in der Regel als DIN-A-6 existieren? Im Archiv der Abteilung XII sollen 49554 Meter Aktenmaterial vorhanden gewesen sein. Matthias Wagner, ein ausgebildeter Archivar, hat im Auftrag der Modrow-Regierung mit der Archivierung der Unterlagen des aufgelösten MfS begonnen. Er war auch am Aufbau der BStU-Archive beteiligt. Über den Ausgangsbestand der Abteilung XII berichtete er 2001 in einer Publikation: »Das Haus habe ein Fassungsvermögen von 30000 laufenden Metern Akten, erklärte unser Führer im dunkelblauen Kittel, dem die Seitentaschen fehlten. Gegenwärtig sei es mit 20000 Metern Akten und Karteien belegt.« Wie erklärt sich die Differenz von 29554 Metern? Damit nicht genug. Offenkundig schlug man auch fremde Akten der »Stasi«-Hinterlassenschaft zu. So findet sich auf Seite 41 des 8. Tätigkeitsberichtes der BStU folgender bemerkenswerter Hinweis: »Nicht alle in Paragraph 6 StUG als Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes bezeichneten Informationsträger, die in den von der Bundesbeauftragten verwalteten Archivablagen vorhanden sind, entstanden beim MfS selbst. Ein Teil hiervon sind Akten von Gerichten und Staatsanwaltschaften der DDR, die dem Staatssicherheitsdienst überlassen worden sind. Dabei handelt es sich etwa um Gerichtsakten von Staatsanwaltschaften und um Strafakten der allgemeinen Kriminalität. (…) Ebenfalls zu den nicht beim MfS entstandenen Ablagen gehören die Gefangenenakten der Verwaltung Strafvollzug des DDR-Ministeriums des Innern oder archivierte Akten zu einer Reihe von Verurteilten der Sowjetischen Militärtribunale.« Verschwiegen wird hier, daß sich diese Materialien gemäß zentraler staatlicher Weisungen in den Archiven des MfS befanden und diese dem MfS nicht irgendwie überlassen wurden. Verschwiegen wird ferner, um wie viele Akten dieser Herkunft es sich handelt. Es finden sich keine Meterangaben. Also weiß man auch an dieser Stelle nicht, wie viele Aktenbündel abgezogen werden müssen, wenn man wahrheitsgemäß über den tatsächlichen Umfang von »Opfermaterialien« redet oder schreibt. Charakter der Unterlagen Von weitaus größerer Bedeutung als die Zahl der laufenden Meter ist die inhaltliche Qualität des Materials. Anders ausgedrückt: Was offenbart und wofür ist es im Sinne der BStU brauchbar? Sowohl unter Gauck als auch unter Birthler wurden Inhalt und Charakter der Unterlagen des MfS in den Tätigkeitsberichten prinzipiell verschleiert. Im Laufe der Jahre mußten jedoch Aussagen zu einigen bedeutsamen Vorgangsarten genannt werden, deren Inhalt in erster Linie Aufschluß über »Opfer« der DDR geben sollte. So zu Operativen Vorgängen (OV). Bei solchen Maßnahmen wurden Personen von operativen Diensteinheiten bearbeitet, die im Verdacht standen, Staatsverbrechen oder andere für das MfS bedeutsame Straftaten begangen zu haben, oder vorhatten, solche zu begehen. Es handelte sich also um Vorgänge, deren Inhalt unmittelbar Absichten und Methoden der operativen Tätigkeit des MfS widerspiegelten. Der 2. Tätigkeitsbericht der BStU (1995) gibt auf Seite 64 einen Hinweis auf 20520 Operativvorgänge, die im Zeitraum von 1950 bis 1989 von der Abteilung XII archiviert worden waren. Die Zahl der noch nicht archivierten, also der in den Diensteinheiten 1989 noch laufenden OV, ist darin nicht ausgewiesen. Ihre Zahl dürfte aber zu vernachlässigen sein. (…) Auch wenn die BStU die Erklärung zum auffälligen Rückgang der Operativen Vorgänge in den 70er und 80er Jahren schuldig bleibt – eine behauptete wachsende Repression durch das MfS läßt sich daraus jedenfalls nicht ableiten. Operativvorgänge, die in Bezirksverwaltungen sowie von Kreis- und Objektdienststellen archiviert wurden, sind nicht ausgewiesen. Es wäre ein Leichtes gewesen, die OV zu charakterisieren. Denkbar wäre eine Beurteilung der Vorgänge nach folgenden Fragen, womit man auch zu einer qualitativen Bewertung käme: Welcher Tatverdacht bestand? Anzahl der bearbeiteten Personen? Welches Ziel wurde mit dem OV verfolgt (Inhaftierung, Anwerbung etc.)? Zeitraum der Bearbeitung? Mit welchem Ergebnis wurde der Vorgang abgeschlossen? Eine qualitative Aufbereitung unterblieb. Warum? Soll im dunkeln bleiben, wie viele Vorgänge wegen NS-Verbrechen, Spionage, Sabotage, Wirtschaftsstraftaten, kriminellem Menschenhandel, Gewalttaten, staatsfeindlicher Propaganda usw. bearbeitet wurden? Insbesondere die Ergebnisse, mit denen die Operativen Vorgänge abgeschlossen wurden, wären von Bedeutung. Wie viele solcher Vorgänge wurden durch Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (EV) nach welchen Straftatbeständen beendet? Wie viele der Vorgänge wurden eingestellt, weil sich der Verdacht nicht bestätigte oder weil andere Gründe vorlagen? Tatsächlich endeten lediglich 30 Prozent der OV mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Also zwei von drei Operativen Vorgängen erwiesen sich als strafrechtlich nicht relevant und wurden eingestellt. Aus dem gleichen 1995er BStU-Bericht stammen auch die Angaben über die von der Hauptabteilung IX (HA IX) zwischen 1950 und 1989 archivierten Untersuchungsvorgänge (UV), also Ermittlungsverfahren. Insgesamt 17544 wurden in diesem Zeitraum archiviert. Auch hier fehlen charakterisierende Kriterien, die eine Beurteilung des Verfahrens erlaubten: Einleitungstatbestand (welche Paragraphen des StGB/DDR wurden im Schuldvorwurf genannt?). War eine operative Bearbeitung der Ausgangspunkt? Zeitraum der Bearbeitung. Abschlußtatbestand – erfolgte eine Übergabe an den Staatsanwalt? Wurde Anklage erhoben? Erfolgte eine gerichtliche Verurteilung? Wenn ja: nach welchen Paragraphen? Es gab auch Fälle, in denen Ermittlungsverfahren eingestellt, an die Deutsche Volkspolizei oder an ein Gesellschaftliches Gericht (Paragraph 58 StPO der DDR) zur weiteren Bearbeitung und Entscheidung übergeben wurden. In höchstem Maße verwunderlich ist, daß der Inhalt dieser Untersuchungsverfahren weder in den Tätigkeitsberichten der BStU Erwähnung findet noch in den vielfältigen Schuldvorwürfen gegen das Untersuchungsorgan des MfS jemals eine Rolle spielte. Darauf wird an anderer Stelle noch detailliert einzugehen sein. Deshalb an dieser Stelle nur einige Hinweise zum Wert dieser Vorgänge. Sie geben konkreten Aufschluß über den Schuldvorwurf, zu Konzepten sowie zum zeitlichen Verlauf operativer und strafrechtlicher Ermittlungen. Sie enthalten Beweismittel oder geben Hinweis, wo diese zu finden sind und bieten auch detaillierte Ansatzpunkte zur Überprüfung des Ablaufs von Vernehmungen und anderen Untersuchungshandlungen. Selbst zu den Bedingungen der Untersuchungshaft finden sich dort Aussagen. Sind das die Gründe, weshalb an diesem Punkt pauschaliert wird, statt konkret zu werden? Eine dritte Möglichkeit einer realistischen Bewertung der Tätigkeit des MfS war seit 1972 die Operative Personenkontrolle (OPK). Sie erfolgte zur vorbeugenden Aufklärung oder Sicherung von Personen. Nicht mehr als zehn Prozent wurden in einen Operativen Vorgang überführt, wobei einige Zielpersonen als Inoffizielle Mitarbeiter (IM) geworben wurden. Etwa 90 Prozent der Operativen Personenkontrollen wurden ohne jegliche Folgen für die erfaßte Person eingestellt und archiviert. Laut BStU wurden von operativen Diensteinheiten des MfS Berlin 7998 Operative Personenkontrollen im Zeitraum 1972 bis 1979 und 13 289 OPK von 1980 bis 1989 archiviert. Auch hier wäre eine entsprechende Charakterisierung nützlich und hilfreich. Vorausgesetzt, es ginge um eine sachliche Darstellung. Entgegen der sonstigen Verfahrensweise wurden durch die BStU zu den erläuterten drei Vorgangsarten, deren Inhalt Aufschluß über den Umfang der »Opferproduktion« geben könnte, keine Aktenkilometer ausgewiesen. Ähnlich wie in der Bundesrepublik erfolgten in der DDR Sicherheitsüberprüfungen von Personen, denen bestimmte Aufgaben, Befugnisse oder Vollmachten erteilt werden sollten. Welchen Umfang die meist positiven Ergebnisse dieser Überprüfungen im Aktenbestand des MfS einnehmen, ist weder in Zahlen noch in laufenden Metern ausgewiesen. Unbekannt ist auch die Zahl der laufenden Meter, welche die im Zeitraum von 1950 bis 1989 abgelegten 228 030 IM-Akten einnehmen würden. 70 Kilometer ungeeignet Soweit es das Ziel ist, den zahlenmäßigen Umfang und das Ausmaß der Beeinträchtigung oder Verfolgung potentieller »Opfer« durch das MfS zu untersuchen, müßten darüber hinaus, aus offensichtlichen Gründen, folgende Unterlagen aus den bisher publizierten Zahlen ausgegliedert werden: – In der Rubrik: Unterlagen der Diensteinheiten (Schriftgut einschließlich Karteien des MfS und spezieller Datenträger im unerschlossenen Bestand) sind Diensteinheiten erfaßt, die keinen unmittelbaren Bezug zur operativen Arbeit hatten, wie Kaderabteilung, Parteileitung, Medizinischer Dienst, Finanzen, Auswertungs- und Informationsgruppen, Wach- und Sicherungseinheiten, Baubetriebe und Randbereiche bis hin zur Sportvereinigung Dynamo. Deren Materialbestand beläuft sich auf insgesamt rund 14000 laufende Meter. – Etwa 50000 Akten über Objekte und Personen gegnerischer Geheimdienste und anderer gegen die DDR tätiger Zentralen (ohne Angabe der laufenden Meter) – Im Archiv des MfS befinden sich des weiteren Unterlagen und Beweisdokumente aus der Zeit des Faschismus. Diese Aktenbestände belaufen sich laut BStU auf 11000 Meter. – Der Aktenbestand zu allen seit 1950 im MfS tätig gewesenen Mitarbeitern, Zivilangestellten sowie Unteroffizieren auf Zeit, die ihren Dienst im MfS versahen, beträgt etwa 12500 Meter. – Ebenfalls im Archiv des MfS finden sich 1555 Meter Personalunterlagen des ehemaligen Wachregimentes »Felix Edmundowitsch Dzierzynski«. – Letztlich wurden dem »Opferberg« auch noch rund 22000 Meter archivierter Unterlagen über abgelehnte Einstellungsvorschläge, Schriftgut, Karteien, Bild- und Tonträger aus dem gesamten Kaderbereich zugeschlagen.
Matthias Wagner benannte in seinem Buch (»Das Stasi-Syndrom«, Berlin 2001 – d.Red.) eine weitere Kategorie: »Mir wurde sofort bewußt, daß die 10000 Meter Reserve nicht genügen würden, um alle Papiere aufzunehmen, die nun aus den anderen Häusern kommen würden. Darunter würde gewiß auch Nutzloses sein. Die Verwaltung Rückwärtige Dienste, die zirka 12000 Meter abliefern sollte, brachte auch die abgerissenen Essenmarken, die über Monate erfaßt worden waren, ins Archiv. Aber da kein Stück Papier vernichtet werden durfte, blieben die Marken in den Akten.« Eine Zusammenfassung – inklusive der Essenmarken – der dazu angegebenen laufenden Meter ergibt mehr als 70000 Meter Aktenmaterial, das als »Opferbeweis« nicht geeignet ist. Keine unbedingt scharfe Munition gegen das MfS. Aber als Füll- und Schwungmasse taugt es durchaus. Mit Masse läßt sich noch immer beeindrucken. Trotz der offenen Fragen und fehlender Angaben über laufende Meter benannter Aktenbestände soll nachfolgend der Versuch einer zusammenfassenden Übersicht gemacht werden, welche den Verdacht bewußter Verschleierung stützt: Aktenbestand der BStU – Widersprüche und Fragen lfd. Meter Im Jahre 1993 meldete die Gauck-Behörde einen Gesamt-Aktenbestand von: 177950. Bis 2006 war dieser angewachsen auf 180000 Ein Jahr danach hatte sich der Bestand verringert auf 123726. Bei einer Kategorisierung nach Inhalt und Charakter müßten zirka 70000 Meter, die für eine Kriminalisierung des MfS bzw. den »Diktaturenvergleich« nicht geeignet sind, gesondert ausgewiesen werden. Es bliebe ein Bestand von 53726. Auch diese Zahl ist noch relativ, da zu bedeutenden Materialien – die nicht mit der Personenbearbeitung in Verbindung zu bringen sind – keine laufenden Meter ausgewiesen wurden. Im Hinblick auf die operative Bearbeitung von Personen ließe sich konkret bestimmen, wie viele Aktenkilometer dazu existieren. Beachtet werden müßten in diesem Zusammenhang die Ergebnisse sowie die Tatsache, daß zu einer Person Operatives als auch Aktenmaterial aus Ermittlungsverfahren existieren kann, welches in den Archiven getrennt abgelegt sein dürfte. Erst eine Darstellung der Anzahl von Personen – gegliedert nach den Ergebnissen ihrer Bearbeitung – und der ihnen jeweils insgesamt zuzuordnenden laufenden Meter Aktenmaterial ergäbe ein realistisches Bild. Würde die BStU darüber hinaus die laufenden Meter des Aktenmaterials benennen, die tatsächlich zu Anträgen auf Rehabilitierung/Wiedergutmachung existieren, wäre das von ihr vorgegebene »Opferpotential« im wesentlichen bestimmbar. Innerhalb dieser Kategorie müßte dann differenziert werden zwischen tatsächlichen Opfern und aus politischen Gründen rehabilitierten Straftätern wie etwa den Terroristen Burianek und Kühn, Tausenden Spionen, Hunderten Saboteuren, Menschenhändlern und anderen nach internationalen Maßstäben schuldig gewordenen Tätern, die juristisch nicht Opfer sein können. Es bliebe dann ein Aktenbestand übrig, der weitaus weniger betrüge als die von der BStU propagierten Zahlen. Behauptungen über eine flächendeckende Überwachung der DDR-Bürger und ausufernde Repressionen wären damit widerlegt.
Die oftmals proimperialistisch und zionistisch tönende Nachrichtenseite RIA Novosti erzeugt Stimmungen. Das ist ihr Auftrag und dieser ist legitim. Schliesslich hat jedes Land das Recht auf seinen Spiegel. Allerdings wird ein gewisser Spaßfaktor geboten. In der Meldung Im Fall der Fälle: Kolumbien wird Krieg gegen Venezuela gewinnen - Expertekommt der frühere venezuelanische (!) UN- Botschafter zu Wort. Lustig daran ist bereits, daß ein Diplomat als Experte angekündigt wird und zwar als Experte für das Militärwesen, denn das ist immernoch für das Führen und Planen von Kriegen zuständig. Schliesslich befragt man ja auch keine Schuster, wenn es um das Backen von Brot geht. So lautet es bei RIA Novosti:
Der frühere Vertreter Venezuelas im UN-Sicherheitsrat, Diego Arria, sagte dem Blatt: "Chavez versucht, einen lokalen Regionalkonflikt zu entfachen, um die öffentliche Meinung Venezuelas von inneren Problemen abzulenken. Auf diese Weise will er das Volk angesichts der angeblich* vorhandenen Gefahr von außen zusammenführen." Unter Berufung auf Angaben der kolumbianischen Aufklärung sagte der Ex-Diplomat, dass es Mitte 2010 zu einem Konflikt zwischen beiden Ländern kommen könnte.
Ist euch etwas aufgefallen? Nein?
Ein venezuelanischer Ex- Diplomat beruft sich auf Angaben der kolumbianischen Aufklärung. Das ist doch kurios, oder etwa nicht? Dieser Experte hat seine Glaskugel direkt vom kolumbianischen Geheimdienst bezogen. Es benötigt nicht viel Phantasie, weshalb bei diesem Diplomaten ein Ex zuvorgestellt wurde. Ich kann Chavez dabei bestens verstehen und das Verhalten dieses Diplomaten ist auch alles andere als diplomatisch, wenn auch verständlich. Böööse Zungen behaupten, auch unter (besonders Ex-) Diplomaten befinden sich kleingeistige Krämerseelen. Allerdings zu behaupten, Chavez versucht, einen lokalen Regionalkonflikt zu entfachen, das schlägt dem Fass den Boden aus. Jeder Kenner der politischen Realitäten weiß, daß dies gelogen ist und auf niedrigstem Niveau billigste Propaganda darstellt. Doch die Väter einer solchen diffamierenden Frohbotschaft wissen auch, daß es allein in der BRD täglich 10.000.000 Blöd- Leser gibt und ein Vielfaches dieser Zahl alltäglich dem Wahrheitsministerium fröhnt, in dem die Gottschalks, Kerners, Beckmanns, mittäglichen Veras, Barbara Saleschs, Stephan Raabs und wie sonst noch diese Mißgeburten der Unterhaltungsmaschinerie heissen mögen, die absolute Plattheit einfordern dürfen und sollen. Hugo Chavez und seine Mannen auf diese Art diffamieren zu wollen, ist einfach nur lächerlich und krank.
*Angebliche Gefahr? Sind sie Kleingärtner? Dann sind sie es jetzt in Gedanken. Ihr Nachbar teilt sich neuerdings mit dem bekanntesten Landräuber der Stadt die Nachbarparzelle. Ihr Nachbar erntet schon lange nichts mehr. Aber er bezieht von einem anderen Nachbarn Unmengen an Kunstdünger. Den peppelt er auf und verscherbelt ihn an den Landräuber. Der bringt diesen Kunstdünger unter die Leute und erschlägt dadurch mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zu guter Letzt benutzen die Kunden des Landräubers diesen Kunstdünger als Nasenspray. Sie bilden sich ein, dadurch würden ihre vermeintlich zu kurz geratenen Primmeln länger wachsen. Das Geschäft läuft bestens und die vielen schlaffen Primmeln als Nebeneffekt werden durch gezielte Desinformation nicht schädlich. Die Kunden zahlen und sind glücklich. Der Landräuber will nun wieder die Macht über ihr Grundstück und das Obst darauf für sich allein beanspruchen. Sie sind ihm dabei ein Dorn im Auge, da sie nicht wie ihr Vorgänger, das Obst gegen eine kleine Prämie bei ihm freiwillig abliefern, sondern so dreist sind, ihr Obst im Alleinvertrieb feilzubieten. Und dann wollen sie auch noch die Erlöse mit den Kindern aus der Nachbarschaft teilen, weil diese so gerne und auch freiwillig sie in der Gartenarbeit unterstützen. Das geht gar nicht, denn der Landräuber teilt mit niemandem. Auch nicht mit seinen Kindern, wenn es das profitable Geschäftsgebahren nicht anders verlangt. Der Landräuber errichtet daraufhin ein riesiges Fass mit stinkender Buttersäure direkt am Zaun zu ihrer Parzelle. Läuft dies in ihren Garten aus, ist für Jahre im voraus alles verloren. Sie sehen dies als Gefahr an, doch die ist ja nur angeblich...
Woher dieser Ex- Diplomat seine Hassgefühle und seine Gage bezieht, dürfte nicht schwierig sein herauszufinden. Doch ist es mir hier und jetzt nicht wert, dem nachzugehen. Derartige Gestalten werden jedenfalls von RIA Novosti bezeichnenderweise als Experten hochgelobt. Übrigens ohne Darstellung einer Gegenmeinung, ohne wirkliche Expertenmeinungen einzuholen. Wie gesagt, dies ist bezeichnend und sagt mehr über die Funktion von RIA Novosti aus, als es den Machern dieser Hetzartikel vielleicht bewußt ist.
Seid wachsam!
A. Einleitung
1. Am 3. April 2009 gründete der Vorsitzende des Menschenrechtsrates die Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zum Gaza-Konflikt mit dem Auftrag, „alle möglichen Verletzungen des humanitären Völkerrechts bzw. internationaler Menschenrechtsvorschriften, die zu irgendeinem Zeitpunkt im Zusammenhang mit den zwischen dem 27. Dezember 2008 und dem 18. Januar 2009 durchgeführten Kriegshandlungen, d.h. sowohl während der Kriegshandlungen als auch davor und danach, zu untersuchen“.
2. Der Vorsitzende ernannte den Richter Richard Goldstone, ehemals Richter am südafrikanischen Verfassungsgerichtshof und ehemaliger Ankläger am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda zum Leiter der Kommission. Als weitere Mitglieder wurden ernannt: Professorin Christine Chinkin, Professorin für Völkerrecht an der London School of Economics and Political Science, ehemaliges Mitglied der hochrangig besetzten Untersuchungskomkommission, 2008 für Beit Hanoun; Frau Hina Jilani, Verteidigerin am Obersten Gericht Pakistans und ehemalige Sonderbevollmächtigte des Generalsekretärs zur Situation von Menschenrechtsverteidigern. Ausserdem war sie 2004 Mitglied der internationalen Untersuchungskomkommission zu Darfur; sowie Oberst Desmond Travers, ein ehemaliger Offizier der irischen Streitkräfte und Vorstandsmitglied des Instituts für Internationale Strafrechtliche Untersuchungen.
3. Entsprechend der üblichen Praxis richtete das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR) ein Sekretariat zur Unterstützung der Komkommission ein.
4. Die Kommission legte ihren Auftrag dahingehend aus, dass die Zivilbevölkerung im Mittelpunkt ihrer Ermittlungen über Völkerrechtsverletzungen zu stehen hatte.
5. Die Kommission tagte zum ersten Mal vom 4. bis zum 8. Mai 2009 in Genf. Ausserdem tagte sie in Genf am 20. Mai, am 4. und 5. Juli und vom 1. bis 4. August 2009. Die Kommission führte drei Besuche vor Ort durch: zwei am Gaza-Streifen, vom 30. Mai bis 6. Juni, sowie zwischen dem 25. Juni und dem 1. Juli 2009; sowie einen Besuch in Amman am 2. und 3. Juli 2009. Mehrere Mitarbeiter des Sekretariats waren vom 22. Mai bis 4. Juli vor Ort in Gaza zwecks Nachforschungen stationiert.
6. Am 7. Mai 2009 wurden Verbalnoten an alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen und die Organe und Körperschaften der Vereinten Nationen gesandt. Am 8. Juni 2009 rief die Kommission alle interessierten Personen auf, der Kommission durch die Vorlage von Informationen und Dokumenten bei der Erfüllung ihres Auftrags zu helfen.
7. Am 28.und 29. Juni wurden in Gaza und am 6.und 7. Juli 2009 in Genf öffentliche Anhörungen durchgeführt.
8. Die Kommission hat sich wiederholt um Kooperation seitens der Regierung Israels bemüht. Nachdem unzählige Versuche gescheitert waren, ersuchte die Kommission mit Erfolg um die Unterstützung der Regierung Ägyptens zur Einreise in den Gaza-Streifen über den Grenzübergang Rafah.
9. Die Kommission erfreute sich der Unterstützung und Zusammenarbeit der Palästinensischen Autonomiebehörde und der Ständigen Beobachtermission Palästinas bei den Vereinten Nationen. Mangels Unterstützung durch die israelische Regierung war es der Kommission unmöglich, Angehörige der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zu treffen. Die Kommission traf jedoch offizielle Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde, darunter einen Minister, in Amman. Während ihres Aufenthaltes im Gaza-Streifen traf sich die Kommission mit führenden Vertretern der Gazaer Behörden, die der Kommission ihre volle Kooperation und Zusammenarbeit anboten.
10. Nach den öffentlichen Anhörungen in Genf wurde die Kommission über die Inhaftierung eines palästinensischen Teilnehmers, Muhammad Srour, durch israelische Sicherheitskräfte auf seiner Rückreise in das Westjordanland informiert und war besorgt, dass seine Inhaftierung auf sein Erscheinen vor der Kommission zurückzuführen sein könnte. Seitdem hält die Kommission Kontakt zu ihm und beobachtet die weitere Entwicklung.
B. Methodik
11. Die Kommission gelangte zur Auffassung, dass zur Erfüllung ihres Auftrags eine Untersuchung sämtlicher Handlungen aller Beteiligten zu betrachten sind, die Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder der internationalen Menschenrechtsvorschriften dargestellen könnten. Auftragsgemäss waren relevante Handlungen im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet sowie in Israel zu prüfen.
12. Zeitlich entschloss sich die Kommission, sich vornehmlich auf Ereignisse, Handlungen oder Umstände seit dem 19. Juni 2008 zu konzentrieren, da zu diesem Zeitpunkt der Waffenstillstand zwischen der israelischen Regierung und Hamas vereinbart wurde. Darüber hinaus hat die Kommission Vorgänge nach dem Ende der Kriegshandlungen (bis zum 31. Juli 2009) berücksichtigt, die fortlaufende Verletzungen der internationalen Menschenrechtsvorschriften und des humanitären Völkerrechts darstellen, und Folge der Kriegshandlungen sind oder mit ihnen in Verbindung stehen.
13. Die Kommission analysierte ebenfalls die geschichtlichen Umstände der Ereignisse, die zu den Kriegshandlungen im Zeitraum vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009 führten und die Verbindungen zwischen ihnen und der allgemeinen israelischen Politik in den besetzten palästinensischen Gebieten.
14. Die Kommission war der Auffassung, dass auf Grund der Bezugnahme im Auftrag auf mit den Kriegshandlungen im Dezember/Januar „zusammenhängende“ Rechtsverletzungen auch Einschränkungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Verbindung mit Israels Strategien und Handlungen im Zusammenhang mit seinen Militäraktionen einzubeziehen sind.
15. Den rechtlichen Rahmen für die Kommission bildeten das allgemeine Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen, die internationalen Menschenrechtsvorschriften, das humanitäre Völkerrecht und das Völkerstrafrecht.
16. Dieser Bericht ist nicht als Dokumentation all der zahlreichen relevanten Vorkommnisse zu anzusehen, die sich im auftragsgemässen Untersuchungszeitraum der Kommission ereigneten. Dennoch glaubt die Kommission, dass der Bericht die wichtigsten Rechtsverletzungsarten zu veranschaulichen vermag. In Gaza untersuchte die Kommission 36 Vorkommnisse.
17. Die Arbeit der Kommission basiert auf einer unabhängigen und unparteiischen Analyse der Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie der internationalen Menschenrechtsvorschriften durch die Beteiligten im Zusammenhang mit dem kürzlichen Gaza-Konflikt sowie auf von den Vereinten Nationen erarbeiteten internationalen Ermittlungsnormen.
18. Der Untersuchungsansatz der Kommission bei der Sammlung von Informationen und Ansichten war umfassend. Zu den Ermittlungsmethoden gehörten: a) Überprüfung von Berichten aus unterschiedlichen Quellen; b) Befragungen von Opfern, Zeugen und anderen Personen, die über relevante Informationen verfügten; c) Ortsbesichtigungen an bestimmten Orten in Gaza, an denen Zwischenfälle stattgefunden hatten; d) Analyse von Fotografien und Videoaufnahmen , einschließlich von Satellitenbildern; e) Überprüfung medizinischer Berichte über Verletzungen von Opfern; f) kriminaltechnische Analyse an den Ereignisorten gefundener Waffen und Munitionsreste; g) Treffen mit vielfältigen Gesprächspartnern; h) Aufrufe zur Vorlage von Informationen, die mit dem Untersuchungsauftrag der Kommission zusammenhängen; i) weite Verbreitung eines Aufrufs zur Vorlage schriftlicher Aussagen; j) öffentliche Anhörungen in Gaza und in Genf;
19. Die Kommission führte 188 Einzelbefragungen durch. Sie überprüfte mehr als 300 Berichte, Aussagen und andere Dokumente. Diese waren entweder Ergebnisse eigener Nachforschungen oder zugegangen auf Grund der Verbalnoten, des öffentlichen Aufrufs zur Abgabe von Erklärungen oder mündlichen Aussagen, anlässlich von Zusammenkünften oder anderweitig zustande gekommen, wodurch insgesamt mehr als 10.000 schriftliche Seiten, über 30 Videoaufzeichnungen und 1.200 Fotografien gesammelt werden konnten.
20. Indem die israelische Regierung der Kommission die Zusammenarbeit verweigerte, hinderte sie diese daran, sich mit Vertretern der israelischen Regierung zu treffen, sowie daran, zu Gesprächen mit israelischen Opfern nach Israel, und zu Gesprächen mit palästinensischen Opfern und Vertretern der palästinensischen Autonomiebehörde ins Westjordanland zu reisen.
21. Die Kommission führte im Gaza-Streifen Ortsbesichtigungen durch, und untersuchte dabei auch Orte, wo Vorfälle stattgefunden hatten. Dadurch konnte die Kommission unmittelbare Einsichten in die Situation vor Ort gewinnen und Gespräche mit zahlreichen Zeugen und anderen relevanten Personen führen.
22. Zweck der öffentlichen Anhörungen, die alle live übertragen wurden, war, den Opfern, Zeugen und Experten aller Seiten zu ermöglichen, sich direkt an möglichst viele Menschen in der Region sowie auch in der internationalen Gemeinschaft zu wenden. Dabei gab die Kommission der Teilnahme von Opfern und Menschen der betroffenen Gemeinden Vorrang. Die 38 öffentlichen Zeugenaussagen betrafen sowohl tatsächliche als auch militärische und rechtliche Fragen. Ursprünglich hatte die Kommission geplant, öffentliche Anhörungen in Gaza, Israel und im Westjordanland abzuhalten. Auf Grund der Einreiseverweigerung nach Israel und ins Westjordanland beschloss die Kommission, Anhörungen von Teilnehmern aus Israel und dem Westjordanland in Genf durchzuführen.
23. Die Kommission bemühte sich, ihre Ergebnisse primär und soweit als möglich auf Informationen aus erster Hand zu stützen. Informationen aus anderen Quellen, insbesondere Berichte, eidesstattliche Erklärungen und Meldungen aus den Medien, wurden vornehmlich zur Bestätigung verwendet.
24. Die endgültigen Schlussfolgerungen der Kommission über die Verlässlichkeit der erhaltenen Auskünfte basieren auf den von der Kommission getroffenen Feststellungen über die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der vernommenen Zeugen. Zur Überprüfung der Aussagen wurden von anderen erstellte Berichte und Dokumente herangezogen, und die relevanten Stellen mit den Aussagen abgeglichen, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände ausreichende Informationen glaubwürdiger und verlässlichen Charakters vorlagen, um eine entsprechende Tatsachenfeststellung zu treffen.
25. Auf dieser Grundlage hat die Kommission im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wissen entschieden, welche Sachverhalte bewiesen wurden. In zahlreichen Fällen stellte sich heraus, dass Taten begangen wurden, die persönliche strafrechtliche Verantwortung nach sich ziehen. In all diesen Fällen stellte die Kommission fest, dass die vorliegenden Erkenntnisse ausreichen, um den objektiven Tatbestand der jeweiligen Straftatbestände nachzuweisen. In fast allen dieser Fälle konnte Kommission möglich feststellen, in wieweit aus den festgestellten Sachverhalten hervorgeht, ob die Taten vorlässig, fahrlässig oder im Wissen um den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Erfolg begangen wurden. Die Kommission hat folglich in zahlreichen Fällen auf den festgestellten Verschuldensgrad (subjektiven Tatbestand) hingewiesen. Der Kommission ist die Wichtigkeit der Unschuldvermutung durchaus bekannt. Durch die hierin getroffenen Tatsachenfeststellungen wird die Wirkung dieses Prinzips nicht beeinträchtigt. Es geht hier nämlich weder darum, die für die Begehung von Rechtsverletzungen Verantwortlichen namentlich zu identifizieren, noch den im Strafverfahren geltenden beweisrechtlichen Anforderungen zu genügen.
26. Um den betroffenen Parteien die Möglichkeit zu geben, weitere sachdienliche Informationen einzureichen, Stellungnahmen abzugeben und sich zu evtl. Vorwürfen zu äussern, der Regierung Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde, sowie den Behörden in Gaza vor der Fertigstellung der endgültigen Analyse und Tatsachenfeststellungen umfangreiche Fragebögen zukommen lassen. Die Kommission erhielt Antworten von der Palästinensischen Autonomiebehörde und von den Behörden in Gaza, nicht aber von Israel.
C. Von der Kommission untersuchte Fakten und rechtsrelevante Erkenntnisse.
Die besetzten palästinensischen Gebiete: der Gaza-Streifen
1. Die Blockade
27. Die Kommission richtete ihr Augenmerk (siehe Kapitel V) auf den von Israel auf den Gaza-Streifen verhängten Zustand politischer und ökonomischer Isolierung, üblicherweise als „Blockade“ bezeichnet. Die Blockade betrifft Maßnahmen wie Restriktionen nach Gaza importierter Waren und die Schließung der Grenzübergänge für Menschen, Warenlieferungen und Dienstleistungen; manchmal tagelang, was auch Kraftstofflieferungen und elektrische Energie beinhaltet. Die Wirtschaft Gazas ist des Weiteren durch die Einengung der Fischereizone für palästinensische Fischer und die Einrichtung einer „Pufferzone“ entlang der Grenze des Gaza-Streifens zu Israel schwer beeinträchtigt, wodurch sich die Fläche für landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzung reduziert. Zusätzlich zur dadurch geschaffenen Notsituation hat die Blockade die Fähigkeit der Bevölkerung und des Gesundheits-, Wasser- und öffentlichen Sektors, auf die durch die Kriegshandlungen herbeigeführte Notsituation zu reagieren, erheblich geschwächt.
28. Die Kommission bleibt bei ihrer Auffassung, dass Israel weiterhin an seine Verpflichtungen aus des 4. Genfer Abkommens gebunden ist und zur vollständigen sich daraus ergebenden Erfüllung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung des Gaza-Streifens mit Lebensmitteln, medizinische und Krankenhaus-Versorgung und anderer mit dem Ziel, die menschlichen Bedürfnisse bedingungslos zu erfüllen.
2. Überschau der Kriegshandlungen Israels
im Gaza-Streifen und Verluste
29. Israel brachte unter dem Code „Operation Cast Lead“ (Operation gegossenes Blei) seine Marine, Luftwaffe und Landarmee zum Einsatz. Die militärischen Operationen im Gaza-Streifen bestanden aus zwei Phasen, aus der Luft und aus der Luft-/Land-Phase und betrafen den Zeitraum vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009. Die israelische Offensive begann mit einem einwöchigen Luftangriff, vom 27. Dezember bis zum 3. Januar 2009. Die Luftwaffe spielte eine wichtige Rolle, indem sie die Bodentruppen unterstützte und ihre Operationen vom 3. bis 18. Januar deckte. Die Armee war für die Bodeninvasion verantwortlich, die am 3. Januar begann, als Bodentruppen vom Norden und vom Osten nach Gaza einrückten. Die zugängliche Information deutet darauf hin, dass die Golani- , Givati- und Luftlandbrigaden, sowie fünf Brigaden des Panzerkorps involviert waren. Die Marine wurde während der Operation zur Bombardierung des Küstenstreifens eingesetzt. Das Kapitel VI ermittelt auch die im Zusammenhang mit den militärischen Operationen von der Kommission untersuchten Vorfälle, beschrieben in Kapitel VII bis XV.
30. Die Statistiken über Palästinenser, die während der Kriegshandlung ihr Leben verloren, weichen voneinander ab. Nichtregierungs-Organisationen beziffern sie, basierend auf umfangreichen Feldforschungen, auf insgesamt 1.387 bis 1.417. Die Behörden in Gaza berichten über 1.444 tödliche Verluste. Die Regierung Israels nennt eine Zahl von 1.166. Die von Quellen der Nichtregierungsorganisationen genannten Zahlen sind, unter Berücksichtigung ziviler Opfer unter den Getöteten, im Allgemeinen stimmig und geben Anlass zu ernsthaften Befürchtungen in Hinsicht auf die Art und Weise, wie Israel die Kriegshandlungen in Gaza durchführte.
31. Nach israelischen Regierungsangaben wurden während der Kriegshandlungen 4 Israeli innerhalb Süd-Israels getötet, 3 von ihnen waren Zivilpersonen und einer Soldat, getötet durch Raketen- und Mörser-Angriffn durch bewaffnete palästinensische Gruppierungen. Zusätzlich wurden 9 israelische Soldaten während der Gefechte innerhalb des Gaza-Streifens getötet, 4 unter ihnen durch Beschuss durch die eigene Seite („friendly fire“)
3. Angriffe durch Israelische Truppen auf
Regierungsgebäude und Mitglieder der
Gaza-Autoritäten, einschließlich Polizei
32. Israelische Truppen führten zahlreiche Angriffe gegen Gebäude der Gaza-Verwaltung aus. Soweit die Angriffe Gebäude betreffen, ging die Kommission Angriffen gegen den Palästinensischen Gesetzgebenden Rat (“Palestinian Legislative Council“) und das Hauptgefängnis in Gaza (siehe Kapitel VII) nach. Beide Gebäude wurden bis zur Unbrauchbarkeit zerstört. Erklärungen der israelischen Regierung und von Vertretern der Streitkräfte rechtfertigten diese Angriffn damit, die politischen und Verwaltungs-Institutionen in Gaza seien Teil der „terroristischen Infrastruktur von Hamas“. Die Kommission weist diese Version zurück. Sie ist der Auffassung, dass es keinerlei Beleg für einen tatsächlichen Beitrag des Gebäudes des Palästinensischen Gesetzgebenden Rates und des Zentralgefängnisses von Gaza zu einer Militäraktion gab. Nach den ihr zugänglichen Informationen folgert die Kommission, dass die Angriffn gegen diese Gebäude willkürliche Angriffe gegen zivile Objekte, und darum Verstöße gegen die Regel des Internationalen humanitären Gewohnheitsrechts waren, demnach Angriffe streng auf militärische Zielsetzungen zu begrenzen sind. Diese Tatsachen deuten für die Komkommission darüber hinaus auf einen besorgniserregenden Vertragsbruch ausgedehnter, militärisch nicht gerechtfertigter Zerstörung von Eigentum, rechtswidrig und mutwillig durchgeführt, hin.
33. Die Kommission untersuchte die Angriffe gegen sechs Polizeieinrichtungen, vier von ihnen wurden in den ersten Minuten der Kriegshandlungen am 27. Dezember ausgeführt, in deren Folge 99 Polizisten und neun unbeteiligte Zivilpersonen starben. Die insgesamt 240 Polizisten bilden mehr als ein Sechstel der palästinensischen Verluste. Die Umstände dieser Angriffn und der Bericht der Regierung Israels vom Juli 2009 über die Kriegshandlungen zeigen, dass auf die Polizisten vorsätzlich gezielt und sie dadurch getötet wurden, mit der Begründung, die Polizei, als Institution, oder ein großer Teil der Polizisten persönlich, sind in Augen der israelischen Regierung Teil der palästinensischen Streitkräfte in Gaza.
34. Um herauszufinden, ob die Angriffe gegen Polizeieinrichtungen dem Prinzip der Unterscheidung militärischer und ziviler Ziele und Personen entsprechen, untersuchte die Kommission die organisatorische Entwicklung der Gaza-Polizei, seit Hamas die vollständige Kontrolle Gazas im Juli 2007 übernommen hatte und der durch Hamas erfolgten Zusammenlegung mit der, nach dem Wahlsieg gegründeten „executive Force“. Die Kommission stellt fest, dass, während eine große Anzahl von Polizisten aus Unterstützern von Hamas oder Mitgliedern von bewaffneten Gruppen rekrutiert wurde, es sich bei der Polizei Gazas um eine zivile Behörde zur Gesetzesvollstreckung handelte. Die Kommission stellt darüber hinaus fest, dass von den am 27. Dezember getöteten Polizisten nicht gesagt werden kann, bei ihnen habe es sich um direkte Teilnehmer an den Feindseligkeiten gehandelt und, dass sie aus diesem Grund nicht ihre bürgerliche Immunität als Zivilpersonen vor direktem Angriff eingebüßt hatten. Die Kommission akzeptiert, dass einige Polizisten der Gaza-Polizei persönlich gleichzeitig Mitglied der palästinensischen Streitkräfte gewesen sein könnten und, dass es sich bei ihnen darum um Kombattanten handelte. Die Kommission zieht jedoch die Schlussfolgerung, dass die Angriffe auf die Polizeieinrichtungen am ersten Tag der bewaffneten Operationen die vertretbare ausgewogene Beurteilung zwischen einem angenommenen unmittelbaren militärischen Vorteil (d.h. die Tötung derjenigen Polizisten, die möglicherweise Teil der Streitkräfte waren) und dem Verlust zivilen menschlichen Lebens (d.h. die anderen getöteten Polizisten und Zivilpersonen, die unweigerlich anwesend waren oder naher Umgebung), nicht erfüllt. Darum handelt es sich um einen Verstoß gegen die Internationalen Menschenrechtsvorschriften.
4. Verpflichtung zu möglichen Vorsichtsmaßnahmen zum
Schutz der Zivilbevölkerung und von Einrichtungen
durch palästinensische bewaffnete Gruppen
35. Die Kommission prüfte, inwieweit und in welchem Umfang bewaffnete palästinensische Gruppierungen ihre Pflicht zum Schutze der Zivilbevölkerung vor offensichtlichen Gefahren von Kriegshandlungen nach Maßgabe des Möglichen verletzten (Kapitel VIII). Die Kommission begegnete bei in Gaza befragten Personen, einer gewissen Zurückhaltung, Aktivitäten der bewaffneten Gruppen anzusprechen. Auf Grund gesammelter Informationen konstatiert die Kommission, dass bewaffnete palästinensische Gruppierungen während der Kriegshandlungen in bewohnten Gebieten anwesend waren und von bewohnten Gebieten aus Raketen abfeuerten. Es ist möglich, dass sich palästinensische Kämpfer nicht zu jeder Zeit angemessen von der Zivilbevölkerung absetzten. Jedoch fand die Kommission keine Bestätigung für die Vermutung, bewaffnete palästinensische Gruppierungen hätten entweder Zivilpersonen in Kampfgebiete abgedrängt oder sie hätten Zivilpersonen gezwungen, im Nahbereich von Angriffn zu verbleiben.
36. Obwohl die Kommission in den untersuchten Situationen keine Beweise dafür fand, von Moscheen seien für militärische Zwecke oder als Schutzschilde Gebrauch gemacht worden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies in anderen Fällen geschehen sein mag. Die Kommission fand keinerlei Beweismaterial zur Unterstützung der Annahme, Krankenhäuser seien seitens der Gaza-Autoritäten oder von Bewaffneten palästinensischen Gruppierungen verwendet worden, noch, sie hätten als Schutzschild für militärische Aktionen gedient oder, Krankenwagen seien zum Transport von Kämpfern benutzt oder für andere militärische Zwecke verwendet worden. Auf der Basis von Nachforschungen und Aussagen von UNO-Beamten schließt die Kommission aus, dass bewaffnete palästinensische Gruppierungen in der Nähe von derartigen UNO-Einrichtungen tätig wurden, die während der Kriegshandlungen als Schutzräume verwendet wurden. Die Kommission kann jedoch nicht ignorieren, dass palästinensische bewaffnete Einheiten in der näheren Umgebung derartiger Einrichtungen und von Krankenhäusern tätig wurden. Während die Durchführung feindlicher Handlungen in Wohngebieten nicht an sich eine Verletzung internationalen Rechts bedeutet, exponierten bewaffnete palästinensische Gruppierungen, soweit sie Angriffe nahe von Zivilpersonen oder geschützten Gebäuden lancierten, die Zivilbevölkerung Gazas unnötigerweise Gefahren.
5. Verpflichtung, nach Möglichkeit Vorsichtsmaßnahmen
zum Schutz der Zivilbevölkerung und
von Objekten durch Israel in Gaza
37. Die Kommission untersuchte, inwieweit sch die israelischen Streitkräfte, in den Grenzen des Möglichen, von ihrer Pflicht zum Schutz die Zivilbevölkerung Gazas zu schützen, ensprachen. Dies beinhaltet im Besonderen die Verpflichtung zur wirkungsvollen Warnung vor Angriffen (Kapitel IX). Die Kommission erkennt erhebliche Anstrengungen seitens Israels an, Warnungen, sei es durch Telefonanrufe, Flugzettel oder Rundfunkmeldungen verteilt oder versandt zu haben und sie akzeptiert, dass in einigen Fällen, vor allem wenn die Warnungen ausreichend präzise waren, Bewohner veranlasst wurden, ein Gebiet zu verlassen und außer Gefahr zu geraten. Jedoch stellt die Kommission auch Faktoren fest, die erheblich die Wirksamkeit ausgegebener Warnungen infrage stellen. Dies schließt den Mangel an Genauigkeit, und darum Glaubwürdigkeit, zahlreicher vorab aufgezeichneter Telefonmitteilungen und von Flugzetteln ein. Die Glaubwürdigkeit von Anweisungen, sich in Richtung der Stadtzentren zu bewegen, wurden durch die Tatsache infrage gestellt, dass während der Luftangriffe die Stadtzentren selbst Ziel intensiver Angriffe waren. Die Kommission hat zudem die Praxis untersucht, leichtere Explosivmittel auf Dächer abzuwerfen (sogenanntes „Dach-Anklopfen“, „roof knocking“). Sie folgert, dass es dieser Technik als Warnung an Wirksamkeit fehlt und, dass sie den Tatbestand eines Angriffs auf Zivilpersonen in einem Wohngebäude erfüllt. Abschließend betont die Kommission, dass die Tatsache einer erfolgten Warnung einen Befehlshaber oder einen Untergebenen nicht von der Pflicht befreit, jede andere mögliche Maßnahme zur Unterscheidung zwischen Zivilpersonen und Kämpfern zu treffen.
38. Die Kommission ging ebenfalls den Vorsichtsmaßnahmen der israelischen Streitkräfte im Zusammenhang von drei bestimmten Angriffen nach. Am 15. Januar 2009 kam der Gebäudekomplex der Außendienststelle der UNRWA mit Sprengbomben und Munition aus weißem Phosphor unter Beschuss. Die Kommission stellt fest, dass der Angriff höchst gefährlich war, da der Gebäudekomplex, der über ein großes Kraftstoffdepot verfügte, Schutz für 600 bis 700 Zivilpersonen bot. Die Israeli führten mit ihrem Angriff mehrere Stunden lang fort, obwohl sie über das von ihnen geschaffene Risiko vollständig informiert waren. Die Kommission folgert, dass die israelischen Streitkräfte die Anforderung durch das Gewohnheitsvölkerrecht, in der Wahl ihrer Mittel und bei der Vorgehensweise ihres Angriffes alle verfügbaren Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, verletzten. Diese Anforderungen dienen im Besonderen der Vermeidung und auf alle Fälle der Minimierung des Todes von Zivilpersonen, deren Verwundung und Beschädigung von zivilen Objekten als Folgeschäden.
39. Die Kommission stellt darüber hinaus fest, dass die israelischen Streitkräfte am gleichen Tag unmittelbar und in voller Absicht das Al Quds-Krankenhaus in Gaza-Stadt und das benachbarte Krankenwagen-Depot mit Granaten aus Weißem Phosphor beschossen. Der Angriff verursachte ein Feuer, dessen Löscharbeiten einen ganzen Tag in Anspruch nahmen. Der Angriff verursachte eine Panik unter den Kranken und Verwundeten, die evakuiert werden mussten. Die Kommission stellt fest, dass keinerlei Warnung vor einem drohenden Angriff herausgegeben wurde. Auf Grund ihrer Nachforschung widerspricht die Kommission der Vermutung, die israelischen Truppen seinen aus dem Krankenhaus heraus beschossen worden.
40. Die Kommission untersuchte ebenfalls die intensiven Artillerie-Angriffn, auch diese wieder mit Munition aus Weißen Phosphor, auf das Al Wafa-Krankenhaus im Osten von Gaza-Stadt. Diese Einrichtung behandelt Langzeit-Patienten mit ausgesprochen schweren Verletzungen. Auf Grund gewonnener Erkenntnisse erkannte die Kommission im Fall beider Krankenhäuser einen Verstoß gegen das Verbot von Angriffen gegen zivile Krankenanstalten. Die Kommission hebt im Fall des Al Wafa-Hospitals die vollständige Unwirksamkeit gewisser Routine- und allgemeiner Warnungen, per Flugzettel und voraufgezeichneter Anrufe hervor.
6. Wahllose Angriffe durch israelische Streitkräfte, die zivile Todesopfer und Verletzte zur Folge hatten
41. Die Kommission untersuchte den Mörserbeschuss der al-Fakhoura-Straßenkreuzung in Jabalya neben der UNRWA-Schule, die zum fraglichen Zeitpunkt als Wohn- und Schutzraum für 1.300 Menschen diente (10. Kapitel). Die israelischen Streitkräfte feuerten mindestens vier Mörsergranaten ab. Eine davon landete im Innenhof des Wohnhauses einer Familie und tötete 11 dort versammelte Personen. Drei weitere Granaten trafen landeten in der al-Fakhoura-Straße, wodurch mindestens 24 weitere Menschen ums Leben kamen und ca. 40 verwundet wurden. Die Kommission untersucht im Detail Erklärungen von Vertretern der israelischen Regierung, die behaupten, mit diesem Angriff habe man auf einen Mörserangriff durch eine bewaffnete palästinensischen Gruppierung reagiert. Obwohl die Kommission dies nicht ausschließen kann, hält sie die Glaubwürdigkeit der Stellungnahme Israels auf Grund der Folge von Ungereimtheiten, Widersprüchen und falschen Tatsachenbehauptungen in den Erklärungen, die diesen Angriff rechtfertigen sollten, für beschädigt.
42. Bei ihrer rechtlichen Würdigung des Angriffs auf die al-Fakhoura-Straßenkreuzung erkennt die Kommission an, dass sich aus Verhältnismäßigkeitserwägungen, bei denen der erhoffte militärische Vorteil gegen die Gefahr ziviler Todesopfer abgewägt wird, für jede Armee in manchen Fällen echte Dilemmas ergeben. Die Kommission ist der Auffassung, dass dies vorliegend nicht der Fall ist. Der Abschuss von mindestens vier Mörsergranaten zur Tötung einer kleinen Anzahl bestimmter Personen an einem Ort, wo eine sehr große Anzahl von Zivilpersonen ihre Tagesgeschäfte verrichtet und in dessen Nähe 1.368 Menschen Schutz suchen, kann der Prüfung durch einen vernünftigen Befehlshaber, ob die zivilen Todesopfer im Hinblick auf den erhofften militärischen Vorteil hinnehmbar wären, nicht stand. Darum ist der Angriff nach Auffassung der Kommission als völkerrechtlich verbotener wahlloser Angriff und Verletzung des Rechts der dabei getöteten palästinensischen Zivilpersonen auf Leben anzusehen.
7. Vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung
43. Die Kommission untersuchte sieben Vorfälle, in denen israelische Streitkräfte direkte Angriffe auf Zivilpersonen mit tödlichem Ausgang vornahmen (9. Kapitel). Mit einer Ausnahme handelt es sich in diesem Teil des Berichts um Fälle, bei denen die Sachlage keine vertretbare militärische Zielsetzung für die Angriffe erkennen lässt. Die ersten beiden Vorfälle sind Angriffe auf Häuser in der Wohngegend Samouni, südlich von Gaza-Stadt, darunter die Bombardierung eines Hauses, in dem palästinensische Zivilpersonen von israelischen Truppen gewaltsam zusammen getrieben worden waren. Die folgende Reihe von sieben Vorfällen betrifft die Erschießung von Zivilpersonen, während diese – in einigen Fällen auf Anweisung der israelischen Streitkräfte – versuchten, ihr Haus zu Fuß in Richtung eines sichereren Ortes zu verlassen, und dabei weiße Fahnen schwenkten. Aus den von der Kommission zusammengetragenen Tatsachen geht hervor, dass die israelischen Streitkräfte in all diesen Fällen vollkommene Kontrolle über das Angriffsgebiet ausübten, dass sie sich mit den angegriffenen Personen vorher in Kontakt gesetzt oder diese zumindest beobachtet hatten, sodass ihnen deren ziviler Status bekannt gewesen sein musste. In den meisten dieser Vorfälle wurden die Folgen der Angriffe auf Zivilpersonen durch den Umstand erschwert, dass sich die israelischen Streitkräfte weigerten, die Evakuierung der Verwundeten zuzulassen, oder Krankenwagen den Zugang zu den Ereignisorten versagten.
44. Diese Vorfälle lassen darauf schließen, dass die den nach Gaza einziehenden israelischen Truppen gegebenen Anweisungen niedrige Anforderungen an den Einsatz tödlicher Waffen gegen Zivilpersonen stellen. Von den Ergebnissen der Ermittlungen der Kommission und den in zwei von der Kommission geprüften Veröffentlichungen enthaltenen Aussagen israelischer Soldaten wird diese Tendenz eindeutig bestätigt.
45. Des Weiteren untersuchte die Kommission einen Vorfall, bei dem eine Moschee während der frühabendlichen Gebetsstunde mit einer Rakete beschossen wurde, wodurch 15 Personen ums Leben kamen, sowie einen Angriff mit Flechette-Munitionen auf eine Ansammlung von Familienangehörigen und Nachbarn in einem Trauerzelt, der 5 Todesopfer forderte. Die Kommission stellt fest, dass beide Angriffe den Tatbestand vorsätzlicher Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Zivilobjekte erfüllen.
46. Auf Grund der in all den oben geschilderten Fällen festgestellten Tatsachen stellt die Kommission fest, dass das Verhalten der israelischen Streitkräfte schwerwiegende Verletzungen des 4. Genfer Abkommens in der Form vorsätzlicher Tötung und der vorsätzlichen Herbeiführung schwerer Leiden bei geschützten Personen darstellt und somit persönliche strafrechtliche Verantwortung nach sich zieht. Die Kommission stellt darüber hinaus fest, dass gezielte Angriffe auf palästinensische Zivilpersonen und willkürliche Tötungen palästinensischer Zivilpersonen Verletzungen des Rechts auf Leben darstellen.
47. Der letzte Vorfall betrifft das Abwerfen einer Bombe auf ein Haus, wodurch 22 Familienangehörige getötet wurden. Israel besteht in diesem Fall darauf, es habe sich um einen „operativen Irrtum“ gehandelt und dass das eigentliche Ziel ein benachbartes Haus wäre, in dem Waffen gelagert worden seien. Auf der Grundlage ihrer Ermittlungen hat die Kommission erhebliche Zweifel an der Darstellung der israelischen Behörden zu diesem Vorfall. Die Kommission folgert, dass, falls tatsächlich ein Irrtum vorliegen sollte, keine vorsätzliche Tötung vorläge. Dennoch müßte sich Israel für eine vorsätzliche Rechtsverletzung verantworten.
8. Der Einsatz bestimmter Waffen
48. Auf Grund ihrer Untersuchung gewisser Vorfälle, bei denen bestimmte Waffen, wie z.B. weißer Phosphor und Flechette-Munitionen, zum Einsatz kamen, stellt die Kommission folgendes fest. Zwar bestreitet die Kommission nicht, dass weißer Phosphor derzeit keinem völkerrechtlichen Verbot unterliegt, haben sich die israelischen Streitkräfte bei der Entscheidung über den Einsatz weißen Phosphors in bewohnten Gebieten systematisch grobe Fahrlässigkeit zuschulden kommen lassen. Ausserdem sprachen Ärzte, die durch weißen Phosphor verletzte Patienten versorgten, davon, dass diese Substanz schwere, manchmal nicht behandelbare Verbrennungen hervorruft. Die Kommission meint, dass ein Verbot des Einsatzes dieser Waffe in bewohnten Gebieten ernsthaft in Erwägung gezogen werden sollte. In Bezug auf Flechetten stellt die Kommission fest, dass es sich hierbei um eine Flächenwaffe handelt, die nicht geeignet ist, nach der Detonation zwischen Zielen zu unterscheiden. Darum sind sie für den Einsatz in bewohnten Gebieten, wo Grund zur Annahme besteht, dass Zivilpersonen vorhanden sein könnten, besonders ungeeignet.
49. Während die Kommission sich nicht in der Lage sieht, den Einsatz sog. DIME-Munitionen (d.h. Munitionen mit dichtem, reaktionsträgem Metall) durch die israelischen Streitkräfte mit Sicherheit festzustellen, erhielt sie Berichte palästinensischer und ausländischer Ärzte, die während der Kriegshandlungen tätig waren, über einen hohen Anteil von Patienten mit Verletzungen, die dem Einschlag dieser Waffe entsprachen. DIME- und Hartmetallmunitionen unterliegen derzeit keinem völkerrechtlichen Verbot, sie werfen jedoch spezifische gesundheitliche Fragen. Schließlich wurde gegenüber der Kommission behauptet, Munition aus entreichertem („DU-Munitionen“) und nicht entreichertem Uran seien durch die israelischen Streitkräfte in Gaza eingesetzt worden. Diesen Behauptungen ging die Kommission nicht weiter nach.
9. Angriffe auf die zivilen Lebensgrundlagen in Gaza: Zerstörung der industriellen Infrastruktur, der Nahrungsmittelproduktion,
der Wasserversorgung, Abwasseranlagen und Wohngebäude
50. Die Kommission untersuchte mehrere Fälle der Zerstörung industrieller Infrastrukur, der Nahrungsmittelproduktion, der Wasserversorgung, Abwasseranlagen und Wohngebäude (8. Kaptitel). Schon zum Beginnn der Kriegshandlungen war die Al Bader-Mühle die einzige noch betriebsfähige Getreidemühle des Gaza-Streifens. Die Mühle wurde während der Luftangriffe am 9. Januar 2009 durch eine Serie von Luftangriffen getroffen, nachdem an den vorangegangenen Tagen mehrere falsche Warnungen ausgegeben worden waren. Die Kommission stellt fest, dass es für deren Zerstörung keinerlei militärische Rechtfertigung gab. Die Art der Angriffe, insbesondere das genaue Zielen auf unentbehrliche Maschinen lässt vermuten, dass man die Vernichtung der Produktionskapazität der Anlage beabsichtigte. Auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse konstatiert die Kommission eine schwerwiegende Verletzung der Bestimmungen des 4. Genfer Abkommens. Rechtswidrige und mutwillige Zerstörung, die nicht durch militärische Notwendigkeiten gerechtfertigt ist, stellt ein Kriegsverbrechen dar. Die Kommission stellt zudem fest, dass die Getreidemühle in der Absicht zerstört wurde, der Zivilbevölkerung die Nahrung zu entziehen, was eine Verletzung des Gewohnheitsvölkerrechts und womöglich ein Kriegsverbrechen darstellt. Der Angriff auf die Getreidemühle stellte weiterhin eine Verletzung der Menschenrechtsbestimmungen über das Recht auf angemessene Nahrung und Existenzmittel dar.
51. Die Hühnerfarmen des Herrn Smieh Sawafeary in der Wohngegend Zeitoun, südlich von Gaza-Stadt, deckten Berichten zufolge 10% des Eierbedarfs Gazas. Gepanzerte Planierraupen der israelischen Streitkräfte machten systematisch die Hühnerställe platt und töteten dabei alle 31.000 darin befindlichen Hühner, zerstörten die Anlage und das für den Betrieb notwendige Material. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass es sich hierbei um einen vorsätzlichen Akt mutwilliger Zerstörung ohne militärische Rechtfertigung handelt, und schließt daraus die gleichen rechtlichen Schlüsse, wie bei der Zerstörung der Getreidemühle.
52. Israelische Streitkräfte führten ebenfalls einen Angriff auf einen der Umschließungswälle eines Rohabwasserbeckens der Gazer Abwasserreinigungsanlage aus, worauf mehr als 200.000 Kubikmeter Rohabwasser in benachbartes Ackerland strömten. Die Umstände des Angriffes auf das Abwasserbecken lassen darauf schließen, dass es sich hierbei um einen vorgeplanten, vorsätzlichen Angriff handelt. Der Quellwasserkomplex Namar in Jabalya bestand aus zwei Trinkwasserquellen, Pumpen, einem elektrischen Generator, Kraftstoffvorräten, einem Chlorierungsgerät für die Behälter, Gebäuden und dazugehörendem Gerät. All dies wurde am ersten Tag der israelischen Luftangriffe durch zahlreiche Luftangriffe zerstört. Die Kommission hält es für unwahrscheinlich, dass ein so großes Ziel wie die Namar-Quellen irrtümlich durch zahlreiche Luftangriffe zerstört werden könnte. Sie fand keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich aus den Angriffen auf die Quellen irgendein militärischer Vorteil ergeben haben könne, und merkt an, dass niemand behauptet, die Quellanlage sei von bewaffneten palästinensischen Gruppierungen zu irgendeinem Zweck benutzt worden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Recht auf Trinkwasser zum Recht auf Nahrungsmittel gehört, kommt die Kommission zur gleichen rechtlichen Würdigung wie im Fall der Al Bader-Getreidemühle.
53. Während ihres Aufenthaltes im Gaza-Streifen konnte die Kommission das Ausmaß der Zerstörung von Wohngebäuden durch Luftangriffe, Artilleriebeschuss, Raketenangriffe, Planierraupen und Sprengsätze selbst konstatieren. In einigen Fällen wurden Wohnsiedlungen offenbar im Zusammenhang mit dem Vordringen der israelischen Bodentruppen Gegenstand von schwerem Artilleriebeschuss und schweren Luftbombardements. In anderen Fällen deuten die von der Kommission zusammengetragenen Informationen stark darauf hin, dass Wohngebäude ohne irgendeinen Zusammenhang mit irgendwelchen bewaffneten Konfrontationen mit bewaffneten palästinensische Gruppierungen oder irgendeinem anderen wirksamen Beitrag zu Kampfhandlungen zerstört wurden. Die Kommission setzte die Ergebnisse ihrer eigenen Ermittlungen vor Ort mit UNOSAT-Bildern und den veröffentlichten Aussagen israelischer Soldaten zusammen, und folgert daraus, dass, zusätzlich zu den umfassenden Zerstörungen von Wohngebäuden aus sog. Kampfzwängen während des Vorrückens, israelische Streitkräfte – in Kenntnis ihres bevorstehenden Abzugs – eine zusätzliche Welle systematischer Zerstörung ziviler Gebäude während der letzten drei Tage ihrer Anwesenheit in Gaza entfachten. In dieser Hinsicht stellt das Verhalten der israelischen Streitkräfte eine Verletzung das Prinzips der Unterscheidung ziviler und militärischer Objekte, und somit einen besonders schweren Fall der „umfangreichen, durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigten, rechtswidrig und mutwillig begangenen Zerstörung ... von Eigentum“ führte. Des Weiteren verletzten die israelischen Streitkräfte das Recht der betroffenen Familien auf angemessene Unterkunft.
54. Die von der Kommission untersuchten Angriffe auf Industrie- und Nahrungsmittelproduktionsbetriebe und die Wasserversorgungsinfrastruktur sind Teil eines größeren Zerstörungschemas, das die Zerstörung des einzigen Zementverpackungswerks Gazas (das Atta Abu Jubbah-Werk), des Abu-Eida-Transportbetonwerks, weiterer Hühnerfarmen sowie der Nahrungsmittel- und Getränkewerke der Al Wadia-Gruppe. Aud en von der Kommission bestätigten Tatsachen geht hervor, dass es die vorgeplante, systematische Politik der israelischen Streitkräfte war, Industrie- und Wasserversorgungsbetriebe gezielt anzugreifen.
10. Der Einsatz palästinensischer Zivilpersonen
als menschliche Schutzschilde
55. Die Kommission untersuchte vier Vorfälle, in denen israelische Streitkräfte während der Kriegshandlungen männliche palästinensische Zivilpersonen mit Waffengewalt zur Teilnahme an Hausdurchsuchungen nötigten (14. Kapitel). Den Palästinensern verband man die Augen, legte ihnen Handschellen an, und zwang sie, vor den israelischen Soldaten Häuser zu betreten. In einem dieser Vorfälle zwangen die Soldaten einen Mann, mehrfach ein Haus zu betreten, in dem sich palästinensische Kombattanten verbargen. Veröffentlichte Aussagen israelischer Soldaten, die an den Kriegshandlungen teilnahmen, bestätigen diese wiederholte Praxis, die trotz Anweisungen von Israels höchstem Gericht an die Streitkräfte, diese Vorgehensweise zu beenden, und wiederholter öffentlicher Versicherungen seitens der Streitkräfte, die Praxis werde nicht mehr angewendet, weiterhin angewendet wird. Die Kommission folgert, dass diese Vorgehensweise den Einsatz palästinensischer Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde darstellt und somit nach dem humanitären Völkerrecht verboten ist. Dies gefährdet auf eine willkürliche und gesetzeswidrige Art das Recht von Zivilpersonen auf Leben und ist als grausame und unmenschliche Behandlung zu werten. Die Verwendung menschlicher Schutzschilde ist auch ein Kriegsverbrechen. Die als menschliche Schutzschilde eingesetzten Palästinenser wurden mit dem Tode oder mit Gewalt bedroht, um Informationen über Hamas, palästinensische Kombattanten und Tunnel aus ihnen herauszupressen. Dies stellt eine weitere Verletzung des humanitären Völkerrechts dar.
11. Freiheitsentzug: Während der israelischen Operation
vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009
inhaftierte Gazaer
56. Im Laufe der Kriegshandlungen trieben die Streitkräfte Israels zahlreiche Zivilpersonen zusammen und internierte sie in Gebäuden oder auf offenem Gelände und – im Falle zahlreicher palästinensischer Männer – verbrachte sie in Haftanstalten nach Israel. In den von der Kommission untersuchten Fällen geht aus den festgestellten Tatsachen hervor, dass keine dieser Zivilpersonen bewaffnet war oder irgendeine wahrnehmbare Gefahr für die Sicherheit der israelischen Soldaten darstellte. Das 25. Kapitel dieses Berichts basiert sowohl auf Befragungen palästinensischer Männer, die festgehalten worden waren, als auch auf der Überprüfung anderer relevanter Unterlagen, insbesondere Befragungen von Verwandten und Aussagen anderer Opfer, die der Kommission vorgelegt wurden.
57. Aus den von der Kommission zusammengetragenen Fakten stellt die Kommission in Verbindung mit diesen Verhaftungen zahlreiche Verletzungen des humanitären Völkerrechts und internationaler Menschenrechtsvorschriften fest. Zivilpersonen, darunter Frauen und Kinder, wurden unter entwürdigenden Bedingungen, unter Entzug von Nahrung, Trinkwasser und ohne Zugang zu Sanitäranlagen festgehalten und im Januar allen Wetterbedingungen schutzlos ausgesetzt. Den Männern wurden während unterschiedlicher Phasen ihrer Internierung Handfesseln angelegt, die Augen verbunden und wiederholt wurden sie gezwungen, sich zu entkleiden, manchmal bis zur Nacktheit.
58. In der Gegend von Al Atatra, im Nordwesten Gazas hatten israelische Truppen Sandgruben ausgehoben, in denen palästinensische Männer, Frauen und Kinder festgehalten wurden. In und um die Sandgruben befanden sich Panzer- und Artilleriestellungen, die aus nächster Nachbarschaft der Festgehaltenen Feuer eröffneten.
59. Die in israelische Haftanstalten verbrachten palästinensischen Männer wurden entwürdigenden Haftbedingungen, brutaler Befragung, Prügel und anderen körperlichen und seelischen Misshandlungen unterworfen. Einige von ihnen wurden angeklagt, gesetzwidrige Kombattanten zu sein. Die von der Kommission befragten Personen wurden freigelassen, nachdem die gegen sie eingeleiteten Verfahren offenbar eingestellt worden waren.
60. Zusätzlich zum willkürlichen Freiheitsentzug und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geht aus den Fällen der inhaftieren palästinensischen Zivilpersonen ein gemeinsamer Faden der Wechselwirkungen zwischen israelischen Soldaten und palästinensischen Zivilpersonen, die auch in zahlreichen an anderen Stellen des Berichts geschilderten Fällen deutlich hervortraten: dauerhafte und systematische Misshandlung, Untaten gegen die persönliche Würde, erniedrigende und entwürdigende Behandlung entgegen den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsvorschriften. Die Kommission folgert, dass die Behandlung dieser Zivilpersonen eine Kollektivbestrafung darstellt und auf Terror- und Einschüchterungsmaßnahmen hinausläuft. Derartige Akte stellen schwerwiegende Verletzungen der Genfer Abkommen und somit Kriegsverbrechen dar.
12. Zielstellungen und Strategie
der israelischen Operationen in Gaza
61. Die Kommission prüfte zugängliche Informationen über die Planung der israelischern Operationen in Gaza, über die den israelischen Streitkräften verfügbaren fortschrittliche Militärtechnologie und deren Ausbildung im humanitären Völkerrecht (26. Kapitel). Offiziellen Regierungsinformation zufolge haben israelische Streitkräfte ein gut ausgearbeitetes Beratungs- und Ausbildungssystem für Rechtsfragen eingerichtet, mit der Zielsetzung, den örtlichen Befehlshabern Kenntnisse ihrer einschlägigen rechtlichen Verpflichtungen zu vermitteln und ihnen Unterstützung bei der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen im Feld zu geben. Die israelischen Streitkräfte besitzen eine sehr fortschrittliche Geräteausrüstung und sind zudem Marktführer bei der Herstellung einiger am höchsten entwickelten Teile verfügbarer Militärtechnologie. Dazu gehören unbemannte Fluggeräte, die mittels verschiedener Methoden, insbesondere die Möglichkeit des Startens von der Luft wie vom Boden aus, eine außerordentliche Fähigkeit zu Präzisionsangriffen aufweisen. Unter Berücksichtigung der Fähigkeit zur Planung, der Möglichkeit, Pläne unter Einsatz Militärtechnologie auf dem neuesten verfügbaren Stand der Technik auszuführen sowie der Behauptungen der israelischen Streitkräfte, es seien nahezu keine Fehler gemacht worden, stellt die Kommission fest, dass die Vorfälle und die im Bericht berücksichtigten Ereignismuster Ergebnis bewusster Planung und strategischer Entscheidungen waren.
62. Die Taktik der israelischen Streitkräfte während der Gaza-Offensive stimmt mit früheren Praktiken, in aller jüngster Zeit während des Libanon-Krieges 2006, überein. Ein als Dahia-Doktrin bekanntes Konzept kam zum Vorschein, dazu gehört die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt sowie die Verursachung erheblicher Schäden und Zerstörung zivilen Eigentums und ziviler Infrastruktur sowie die Zufügung großen Leidens bei der Zivilbevölkerung. Die Kommission kommt auf Grund der Untersuchung der von ihr selbst vor Ort festgestellten Tatsachen zum Schluss, dass das, was als die beste Strategie beschrieben wurde, auch genau so in die Tat umgesetzt wurde.
63. Besonderen Anlass zur Sorge bereitet das bei der Gestaltung der militärischen Zielstellungen der Operationen in Gaza verwendete Konzept der „Unterstützungsinfrastruktur“ der Hamas, da dieses Zivilpersonen und -objekte zu legitimen militärischen Zielen erklärte. Erklärungen politischer und militärischer Führer Israels vor und während der Kriegshandlungen in Gaza deuten darauf hin, dass nach der israelischen Vorstellung von dem, was in einem Krieg gegen Hamas erforderlich war, unverhältnismäßige Zerstörung und die Herbeiführung der größtmöglichen Störung des Alltags zahlreicher Menschen als legitime Mittel zur Erreichung nicht nur militärischer, sondern auch politscher Ziele erachtet wurde.
64. Erklärungen israelischer Verantwortungsträger, dass die Zerstörung ziviler Objekte sei eine legitime Reaktion auf Raketenangriffe, sei („zerstört 100 Wohnhäuser für jede abgefeuerte Rakete“) lassen einen möglichen Rückgriff auf Vergeltungsmaßnahmen vermuten. Die Kommission ist der Auffassung, dass Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilpersonen mit dem humanitären Völkerrecht unvereinbar sind.
13. Die Auswirkungen der Kriegshandlungen und der Blockade
auf die Bevölkerung Gazas und ihre Menschenrechte
65. Die Kommission untersuchte die Auswirkungen der Kriegshandlungen in Verbindung mit der Blockade auf die Bevölkerung Gazas und deren Menschenrechte. Die Wirtschaft, Arbeitsmöglichkeiten und der Lebensunterhalt von Familien waren bereits bei Beginn der israelischen Offensive in Folge der Blockade schwer beeinträchtigt. Die ungenügende Kraftstoffversorgung für die Stromversorgung wirkte sich negativ auf industrielle Tätigkeiten, auf den Krankenhausbetrieb, auf die Trinkwasserversorgung der Haushalte und auf die Abwasserreinigung aus. Einfuhrbeschränkungen sowie das Verbot sämtlicher Exporte aus Gaza wirkten sich auf den produzierenden Sektor und die landwirtschaftliche Produktion aus. Die Arbeitslosigkeit und der Armutsanteil wiesen eine steigende Tendenz auf.
66. In dieser prekären Situation zerstörten die militärischen Operationen einen beträchtlichen Teil der wirtschaftlichen Infrastruktur. Da ein großer Teil der Fabriken angegriffen und zerstört oder beschädigt wurde, stiegen die Arbeitslosigkeit und Nahrungsmittelknappheit weiter dramatisch an. Entsprechend litt der landwirtschaftliche Sektor an der Zerstörung von Ackerland, von Brunnen und von Fischerbooten während der Kriegshandlungen. Die fortgesetzte Blockade behindert den Wiederaufbau der zerstörten wirtschaftlichen Infrastruktur.
67. Als Folge des Niederwalzens von Ackerland und der Zerstörung von Gewächshäusern ist trotz der erhöhten erlaubten Einfuhrmengen von Nahrungsmitteln nach Gaza seit dem Beginn der Kriegshandlungen eine weitere Verschlechterung der Lebensmittelsituation zu erwarten. Die Abhängigkeit von Lebensmittelhilfe steigt an. Die Häufigkeit von Zwergwuchs, Magerkeit und Anämie bei Kindern und schwangeren Frauen waren bereits vor Beginn der Kriegshandlungen besorgniserregend. Die durch die umfangreiche Zerstörung von Unterkünften (laut UNDP wurden 3.354 Häuser vollständig und 11.112 teilweise zerstört) herbeigeführte Not und die daraus resultierende Umsiedlung betrifft vor allem Kinder und Frauen. In der Wasser- und Abfallwirtschaft wurde die Lage von der Infrastrukturzerstörung (wie z.B. die Zerstörung der Namar-Brunnen und den im 8. Kapitel geschilderten Angriff auf die Wasseraufbereitungsanlage) weiter verschlechtert. Bereits vor den Kriegshandlungen genügten 80% des Gazaer Wassers nicht den WHO-Normen für Trinkwasser. Das Auslassung ungeklärten oder nur teilweise geklärten Abwassers ins Meer stellt eine weitere Gesundheitsgefahr dar, die durch die Kriegshandlungen noch verschärft wurde.
68. Durch die Kriegshandlungen und die daraus resultierenden Schäden wurde das ohnehin schon angeschlagene Gazaer Gesundheitswesen noch weiter strapaziert. Krankenhäuser und -wagen waren Ziel israelischer Angriffe. Chronisch kranken Patienten konnte angesichts des Zustroms lebensgefährlich verletzter Patienten in Krankenhäusern kein Vorrang eingeräumt werden. Häufig mussten Patienten, die in Folge der Feindseligkeiten verletzt waren, so früh wie möglich entlassen werden, um Betten frei zu machen. Die langfristigen Gesundheitsfolgen dieser frühen Entlassungen, sowie von Waffen, die Stoffe wie Wolfram oder weißen Phosphor enthalten, geben weiterhin Anlass zu Befürchtungen. Obwohl die genaue Zahl der dauerhaft Erwerbsunfähigen noch unbekannt ist, ist der Kommission klar, dass zahlreiche Menschen, die während des Konfliktes Traumata erlitten, durch die Komplikationen und in Folge unzulänglicher Nachbehandlung und Physiotherapie weiterhin der Gefahr einer dauerhaften Erwerbsunfähigkeit ausgesetzt sind.
69. Ebenso muss mit einem Anstieg der Anzahl von Menschen mit psychischen Problemen gerechnet werden. Die Kommission untersuchte eine Reihe von Vorfällen, bei denen Erwachsene und Kinder der Tötung ihnen nahestehender Personen beiwohnen mussten. Ärzte des Gaza Community Mental Health Programme (Gemeindeprogramm für geistige Gesundheit in Gaza) lieferten der Kommission Informationen über psychosomatische Störungen, über die in der Bevölkerung weit verbreiteten Entfremdungserscheinungen, über „Dumpfheit“ in Folge schmerzhafter Verluste. Sie sagten der Kommission, dass in Folge dieser Bedingungen ein Anwachsen von Gewaltbereitschaft und Extremismus wahrscheinlich sei. Sie sagten der Kommission, 20% der Kinder im Gaza-Streifen leiden unter posttraumatischer Belastungsstörung.
70. Psychogene Lernschwierigkeiten bei Kindern werden durch die Blockade und die Kriegshandlungen gegen die Bildungsinfrastruktur verschärft. 280 Schulen und Kindergärten wurden in einer Situation zerstört, in der Baustoffe bereits Einfuhrbeschränkungen unterlagen und zahlreiche Schulgebäude deshalb erheblicher Reparaturarbeiten bedurften.
71. Die Kommission wurde auch auf eine besondere Art, auf die sich die Kriegshandlungen auf Frauen auswirkten, aufmerksam gemacht. Die von der Kommission befragten Frauen in Gaza stellen die durch das Gefühl der Unfähigkeit, hinreichend für Kinder zu Sorgen und ihre Sicherheit zu gewährleisten, hervorgerufenen Qualen auf dramatische Weise unter Beweis. Die Verantwortung der Frauen für Haushalt und Kinder bedeutet oft, dass sie ihre eigenen Schmerzen verbergen müssen und ihre eigenen Probleme deshalb ungelöst bleiben. Die Anzahl der für das Familieneinkommen allein verantwortlichen Frauen stieg an, aber ihre Beschäftigungsmöglichkeiten blieben erheblich geringer als die von Männern. Die Kriegshandlungen und anwachsende Armut erhöhen das Konfliktpotential in der Familie und zwischen verwidweten Frauen und ihren angeheirateten Verwandten.
72. Die Kommission erkennt an, dass während der Kriegshandlungen Israel zeitweilig eine erweiterte Versorgung Gazas mit humanitären Hilfslieferungen, besonders Nahrungsmitteln, genehmigte. Vor dem Beginn der Kriegshandlungen hingegen wurden die erlaubten Einfuhrmengen von Lebensmitteln selbst vor dem Beginn der Feindseligkeiten den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht, und wurden nach dem Ende der Kriegshandlungen erneut verringert. Auf Grund der von ihr ermittelten Tatsachen ist die Kommission der Auffassung, dass Israel seine Verpflichtung, Lieferungen medizinischer Produkte und Krankenhausbedarfs, sowie von Nahrungsmitteln und Kleidung freien Durchgang zu gewähren, verletzt hat (Art. 23 des 4. Genfer Abkommens). Die Kommission stellt ebenfalls fest, dass Israel die ihm als Besatzungsmacht obliegenden besonderen Verpflichtungen nach dem 4. Genfer Abkommen, wie z.B. die Verpflichtung, die Einrichtungen und Dienste der Krankenhauspflege und ärztlichen Behandlung weiterzuführen und bei ungenügender Versorgung des besetzten Gebietes Hilfsaktionen zu gestatten, verletzt hat.
73. Die Kommission kommt ebenfalls zum Schluss, dass die israelischen Streitkräfte mit der Zerstörung von privaten Wohnhäusern, Brunnen, Wasservorratstanks, Ackerland und Gewächshäusern den besonderen Zweck verfolgten, der Bevölkerung des Gaza-Streifens diese Nahrungsquellen zu entziehen. Die Kommission stellt fest, dass Israel seine Verpflichtung, das Recht der Bevölkerung Gazas auf einen angemessenen Lebensstandard, insbesondere den Zugang zu angemessener Nahrung, Trinkwasser und Unterkunft, zu achten, verletzte. Die Kommission stellt darüber hinaus eine Verletzung der besonderen Menschenrechtsbestimmungen zum Schutze der Rechte der Kinder, v.a. derjenigen, die Opfer eines bewaffneten Konfliktes sind, Frauen und Behinderten fest.
74. Aus einer Gesamtwürdigung der in Folge der vorsätzlichen Handlungen der israelischen Streitkräfte und der erklärten Politik der israelischen Regierung – wie sie von ihren legitimierten und bevollmächtigten Vertretern dargelegt wurde - vor und nach wie im Laufe der Kriegshandlungen in Gaza gegebenen Lebensbedingungen geht die Absicht hervor, die Bevölkerung des Gaza-Streifens entgegen den Vorschriften des humanitären Völkerrechts kollektiv zu bestrafen.
75. Schließlich prüfte die Kommission, ob durch die Reihe von Handlungen, die den Palästinensern im Gaza-Streifen ihrer Existenzmittel, Arbeit, Unterkunft, und ihres Wassers beraubt, ihnen die Freizügigkeit und das Recht nimmt, ihr Land zu verlassen und in ihr Land zurückzukehren, ihren Zugang zu den Gerichten und zu wirksamem Rechtsschutz beschränkt, der Tatbestand der Verfolgung, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, verwirklicht wird. Auf Grund der ihr vorliegenden Erkenntnisse ist die Kommission der Auffassung, dass einige der Handlungen der israelischen Regierung die Feststellung durch ein zuständiges Gericht rechtfertigen könnte, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden.
14. Die andauernde Inhaftierung
des israelischen Soldaten Gilad Shalit
76. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der 2006 von einer bewaffneten palästinensischen Gruppierung gefangen genommene Angehörige der israelischen Streitkräfte Gilad Shalit weiterhin gefangen gehalten wird. Als Reaktion auf diese Gefangennahme ordnete die israelische Regierung eine Anzahl von Angriffen gegen Infrastruktureinrichtungen im Gaza-Streifen und gegen Büros der Palästinensischen Autonomiebehörde, sowie die Verhaftung von acht Ministern der palästinensischen Regierung und 26 Mitgliedern des Palästinensischen Legislativrates an. Die Kommission hörte Aussagen, aus denen hervorgeht, dass während der Kriegshandlungen von Dezember 2008 bis Januar 2009 israelische Soldaten gefangene Palästinenser über den Aufenthaltsort von Gilad Shalit befragten. Gilad Shalits Vater, Noam Shalit erschien vor der am 6. Juli 2009 von der Kommission in Genf durchgeführten öffentlichen Anhörung.
77. Die Kommission ist der Auffassung, Gild Shalit als Soldat der israelischen Streitkräfte, der während eines feindlichen Einfalls nach Israel gefangen genommen wurde, die Voraussetzungen für den Kriegsgefangenenstatus nach dem 3. Genfer Abkommen erfüllt. Als solcher ist er zu schützen, und menschlich zu behandeln; ihm ist auch nach Maßgabe des Abkommens eine angemessene Kommunikation nach Außen zu gestatten. Ein Besuch durch das IKRK ist unverzüglich zu gestatten. Ausserdem ist seine Familie unverzüglich über sein Befinden zu unterrichten.
78. Die Kommission nimmt die Erklärungen verschiedener israelischer Beamter, die die Absicht bekundet haben, die Blockade des Gaza-Streifens bis zur Freilassung von Gilad Shalit aufrecht zu erhalten. Die Kommission ist der Ansicht, dass dies den Tatbestand einer Kollektivbestrafung der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens erfüllen würde.
15. Interne Gewalt und gezielte Maßnahmen
gegen Fatah-Anhänger durch Sicherheitsdienste,
die den Gazaer Behörden unterstehen
79. Die Kommission erhielt Information über Gewaltanwendung gegen politische Gegner durch Sicherheitsdienste, die den Gazaer Behörden unterstehen, darunter die Tötung mehrerer Gazaer Einwohner zwischen dem Beginn der israelischen Kriegshandlungen und dem 27. Februar. Unter ihnen waren einige Häftlinge, die am 28. Dezember nach dem israelischen Luftangriff aus der Haftanstalt al-Saraya entwichen waren. Nicht alle, die nach der Flucht aus der Haft getötet wurden, waren aus politischen Gründen inhaftierte Fatah-Anhänger oder wegen Kollaboration mit dem Gegner angeklagt. Einige der Geflohenen waren wegen schwerer Verbrechen, wie Drogenhandel oder Mord, zum Tode verurteilt worden. Die Kommission wurde darüber informiert, dass die Bewegungsfreiheit von Fatah-Mitgliedern während der Kriegshandlungen Israels eingeschränkt wurde und dass viele von ihnen unter Hausarrest gestellt wurden. Nach Angaben der Gazaer Behörden sollen Verhaftungen erst nach dem Abschluss der israelischen Kriegshandlungen im Zusammenhang mit Straftaten und zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung vorgenommen worden sein.
80. Die Kommission sammelte Informationen aus erster Hand über fünf Fälle durch Angehörige der Sicherheitskräfte bzw. bewaffneter Gruppierungen in Gaza verhafteter, getöteter oder körperlicher Misshandlung ausgesetzter Fatah-Anhängern. In den meisten Fällen sollen denjenigen, die aus ihren Wohnungen entführt oder auf sonstige Weise inhaftiert wurden, keine Straftaten zur Last gelegt worden sein, die sich aus konkreten Vorfällen ergaben , vielmehr sollen sie auf Grund ihrer politischen Überzeugungen ins Visier der Behörden geraten sein. Kam es zur Anklage, so bestand sets ein Zusammenhang mit vermuteten politischen Aktivitäten. Sowohl die Zeugenaussagen als auch die von internationalen und nationalen Menschenrechtsorganisationen vorgelegten Berichte weisen auffallende Ähnlichkeiten auf und lassen darauf schliessen, dass diese Übergriffe nicht willkürlich, sondern als Teil eines Musters organisierter, hauptsächlich gegen Fatah-Mitglieder und -Unterstützer gerichteter Gewalt ausgeführt wurden. Die Kommission stellt fest, dass derartige Handlungen schwer wiegende Menschenrechtsverletzungen und weder mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, noch mit dem palästinensischen Grundgesetz vereinbar sind.
Die besetzten palästinensischen Gebiete:
das Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem
81. Die Kommission sieht eine enge Verbindung zwischen den Entwicklungen in Gaza und denen im Westjordanland und analysierte beide, um sich ein fundiertes Bild der auftragsgegenständlichen Fragen zu machen und darüber berichten zu können..
82. Dass Israel der Kommission die Zusammenarbeit verweigerte, hatte u.a. zur Folge, dass die Kommission nicht in das Westjordanland reisen konnte, um dort mutmaßliche Völkerrechtsverletzungen zu untersuchen. Die Kommission hat jedoch von palästinensischen, israelischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen und Institutionen zahlreiche mündliche und schriftliche Berichte und anderes relevante Materialien erhalten. Ausserdem hat sich die Kommission mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen, mit Mitgliedern der palästinensischen Legislative und führenden Persönlichkeiten der örtlichen Bevölkerung getroffen. In den öffentlichen Anhörungen vernahm sie Sachverständige, Zeugen und Opfer, befragte Betroffene und Zeugen und begutachtete Videoaufzeichnungen und photographisches Material.
16. Behandlung von Palästinensern durch
israelische Sicherheitskräfte im Westjordanland,
insbesondere der Anwendung übermäßiger
oder tödlicher Gewalt während Demonstrationen
83. Mehrere Zeugen und Sachverständige informierten die Kommission über einen starken Anstieg der Gewaltanwendung gegen Palästinenser im Westjordanland durch israelische Sicherheitskräfte seit dem Beginn der israelischen Kriegshandlungen in Gaza (19. Kapitel). Mehrere Demonstranten wurden während palästinensischer Demonstrationen, insbesondere zur Unterstützung der unter Angriffen stehenden Bevölkerung Gazas nach dem Beginn der Kriegshandlungen, von den israelischen Streitkräften getötet, und viele wurden verwundet. Das Ausmaß der Gewalt im Westjordanland während der Kriegshandlungen in Gaza Gaza ausgeübten Gewalt wurde nach dem Abschluss der Kriegshandlungen nicht gemindert.
84. Besonders Besorgnis erregend für die Kommission waren Behauptungen über die übermäßige Anwendung tödlicher Gewalt durch israelische Streitkräfte, der Einsatz scharfer Munitionen, sowie das Vorhandensein in den Feuereröffnungsvorschriften („open fire regulations“) unterschiedlicher Bestimmungen über die Bekämpfung von Unruhen, bei denen nur Palästinenser anwesend sind, im Gegensatz zu Unruhen, bei denen Israelis anwesend sind. Dies gibt Anlass zu ernsthaften Befürchtungen über Vorschriften, die Palästinenser benachteiligen. Augenzeugen berichteten der Kommission über den Einsatz von Scharfschützen zur Eindämmung von Ansammlungen. Zeugen sprachen von einer bemerkbar unterschiedlichen Atmosphäre bei Konfrontationen mit Soldaten und Grenzpolizisten auf Demonstrationen, bei denen sämtliche Verhaltensnormen weggefallen waren. Mehrere Zeugen erzählten der Kommission, dass während der Kriegshandlungen in Gaza im Westjordanland das Gefühl einer Massenschlägerei geherrscht habe, bei der alles erlaubt gewesen sei.
85. Zur Untersuchung, Verfolgung und Bestrafung von Gewalttaten von Siedlern und Angehörigen der Sicherheitksräfte, insbesondere Tötungen, an Palästinensern werden wenn überhaupt kaum Anstrengungen unternommen,, wodurch ein Klima der Straflosigkeit entstanden ist. Die Kommission kommt zum Schluss, dass Israel die Pflicht nach dem humanitären Völkerrecht wie nach den internationalen Menschenrechtsvorschriften verletzt hat, die Palästinenser vor Gewalt durch Privatpersonen zu beschützen.
17. Inhaftierung von Palästinensern
in israelischen Gefängnissen
86. Schätzungsweise 700.000 palästinensische Männer, Frauen und Kinder sind seit Beginn der Besatzung in israelischen Gefängnissen festgehalten worden. Schätzungen zufolge waren zum 1. Juni 2009 etwa 8.100 „politische Gefangene“ in Israel inhaftiert, darunter 60 Frauen und 390 Kinder. Die meisten dieser Häftlinge wurden vor den israelischen Militärgerichten für Palästinenser im Westjordanland angeklagt bzw. verurteilt, die Palästinensern nur stark eingeschränkte prozessuale Rechte gewähren. Viele werden in Administrativhaft gehalten und einige nach dem israelischen „Gesetz über ungesetzliche Kombattanten“ inhaftiert.
87. Die Kommission konzentrierte sich in Bezug auf inhaftierte Palästinenser auf verschiedene Fragen , die ihrer Ansicht nach mit den israelischen Kriegshandlungen Dezember-Januar oder deren Hintergründen in Verbindung stehen.
88. Aus seit dem israelischen Rückzug aus Gaza im Jahre 2005 erlassener Rechtsvorschriften hat sich eine Ungleichbehandlung von Häftlingen aus Gaza ergeben. Durch ein ausschließlich auf palästinensische Beschuldigte anwendbares Gesetz aus dem Jahr 2006 wurden die prozessualen Rechte Beschuldigter und Angeklagter verändert. Israelischen Regierungsquellen zufolge handelt es sich bei diesen Beschuldigten überwiegend um Personen aus Gaza. Das vom IKRK durchgeführte Familienbesuchsprogramm im Gaza-Streifen wurde 2007 ausgesetzt, wodurch Häftlingen aus Gaza der Kontakt zur Außenwelt vollkommen unmöglich geworden ist.
89. Während der israelischen Kriegshandlungen in Gaza erhöhte sich die Zahl der von Israel inhaftierten Kinder gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahre 2008. Viele Kinder sollen auf der Straße bzw. während Demonstrationen im Westjordanland verhaftet worden sein. Die Zahl der inhaftierten Kinder blieb auch in den Monaten nach Abschluss der Kriegshandlungen hoch, was mit Berichten über Misshandlungen durch israelische Sicherheitskräfte einherging.
90. Eine Besonderheit der israelischen Verhaftungspraxis seit 2005 hinsichtlich der Palästinenser war die Verhaftung von Personen, die Hamas nahestehen. Einige Monate vor den Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat, im Jahr 2005, verhaftete Israel zahlreiche Personen, die an Kommunalwahlen oder an legislativratswahlen beteiligt waren. Nach der Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Shalit durch bewaffnete palästinensische Gruppierungen im Juni 2006 verhaftete die israelische Armee etwa 65 Mitglieder des Legislativrates, Bürgermeister und Minister, die meisten von ihnen Hamas-Mitglieder. Alle wurden mindestens zwei Jahre lang festgehalten, in der Regel unter unzulänglichen Bedingungen. Weitere Verhaftungen von Hamas-Führungskräften wurden während der Kriegshandlungen in Gaza durchgeführt. Wegen der Inhaftierung von Legislativratsmitgliedern sieht sich der Legislativrat ausserstande, seine gesetzgeberischen Aufgaben und parlamentarische Kontrolle über die palästinensische Verwaltung auszuüben.
91. Die Kommission stellt fest, dass diese Methoden zu Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsvorschriften führten, insbesondere des Verbotes willkürlicher Festnahme, des Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz und des Verbotes der Diskriminierung auf Grund der politischen Überzeugung sowie der besonderen Schutzrechte der Kinder. Die Kommission stellt ebenso fest, dass die Inhaftierung der Legislativratsmitglieder auf eine Kollektivbestrafung hinauslaufen könnte, die eine Kollektivbestrafung – eine Verletzung des humanitären Völkerrechts – darstellen könnte.
18. Einschränkungen der Freizügigkeit
im Westjordanland
92 Dem Westjordanland wird von Israel seit Langem ein System der Bewegungseinschränkungen auferlegt. Die Freizügigkeit wird nicht nur durch das Zusammenwirken von physischen Barrieren, wie Straßensperrungen, Kontrollposten und die Mauer, sondern auch durch Verwaltungsmaßnahmen wie Ausweise, Passierscheine, Wohnungszuweisungen, Familienzusammenführungsgesetze, sowie Vorschriften über das Recht auf Einreise aus dem Ausland und das Rückkehrrecht von Flüchtlingen eingeschränkt. Palästinensern ist der Zugang zu Gebieten verwehrt, die zum Bau der Mauer und seiner Infrastruktur, zum Siedlungsbau, für Pufferzonen, Militärbasen und Truppenübungsgebieten, sowie zum Straßenbau enteignet wurden, sowie zu den Straßen, die diese Orte miteinander verbinden. Zahlreiche dieser Straßen sind „Israeli only“ – nur für Israelis – und dürfen nicht von Palästinensern genutzt werden. Zehntausende Palästinenser unterliegen heutzutage einem von Israel auferlegtem „Reiseverbot“, wodurch sie daran gehindert werden, ins Ausland zu reisen. Mehrere von der Kommission zum Treffen in Amman und zur Teilnahme an den Anhörungen in Genf eingeladene Zeugen und Sachverständige konnten wegen dieser Reisesperre nicht mit der Kommission zusammentreffen.
93. Die Kommission hat Berichte erhalten, dass die Beschränkungen der Freizügigkeit im Westjordanland während der israelischen Offensive verschärft wurde. Israel ordnete für das Westjordanland eine mehrere Tage andauernde –„Sperrung“ an. Ausserdem wurde die Zahl der Kontrollposten, auch in Ost-Jerusalem, für die Dauer der Kriegshandlungen erhöht. Bei den meisten davon handelte es sich um „fliegende“ Kontrollposten. Im Januar 2009 wurden mehrere Teile des Westjordanlandes zwischen der Mauer und der Grünen Linie zu „militärischen Sperrgebieten“ erklärt.
94. Während und nach den Kriegshandlungen in Gaza verstärkte Israel seine Kontrolle über das Westjordanland durch vermehrte Grundstückseignungen, Hauszerstörungen und Abrissbefehle sowie vermehrte Baugenehmigungen für Häuser in Siedlungen, eine gesteigerte Nutzung der natürlichen Ressourcen im Westjordanland. Im Anschluss an die Kriegshandlungen in Gaza hat Israel die Verordnungen über die Fähigkeit von Personen mit „Gaza-Ausweis“, ins Westjordanland zu ziehen und umgekehrt abgeändert und damit die Trennung der Menschen aus dem Westjordanland und Gaza fester verankert.
95. Das israelische Ministerium für Wohnungsbau und Raumplanung plant den Bau von weiteren 73.000 Siedlerhäusern im Westjordanland. Der Bau von 15.000 dieser Häuser wurde bereits genehmigt und die Zahl der Siedler in den besetzten Gebieten wird sich verdoppelt haben, wenn alle Pläne verwirklicht werden.
96. Die Kommission ist der Meinung, dass die Beschränkung der Bewegungs- und Zugangsfreiheit, denen die Palästinenser des Westjordanlandes unterliegen, zu jedweder militärischen Zielsetzung grundsätzlich ausser Verhältnis stehen , umso mehr in Bezug auf die vermehrten Beschränkungen während, und in gewissem Maß nach, den Kriegshandlungen in Gaza. Ausserdem ist die Kommission besorgt über die kürzlich getroffenen Maßnahmen zur Formalisierung der Trennung von Gaza und dem Westjordanland, d.h. der Trennung zweier Teile der besetzten palästinensischen Gebiete).
19. Interne Gewalt und gezielte Angriffe auf Hamas-Unterstützer durch die palästinensische Autonomiebehörde,
Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
97. Bei der Kommission gingen Behauptungen über Rechtsverletzungen durch die palästinensische Autonomiebehörde während des Untersuchungszeitraumes, die ihrem Auftrag unterfallen, insbesondere Rechtsverletzungen, die die Behandlung (mutmaßlicher) Hamas-Unterstützer durch die Sicherheitsdienste, darunter gesetzeswidrige Verhaftungen und Inhaftierung. Mehrere palästinensische Menschenrechtsorganisationen haben berichtet, dass Praktiken der Sicherheitskräfte der palästinensischen Autonomiebehörde die Tatbestände von Folter und grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und Bestrafung verwirklichen. Es gab eine Anzahl von Todesfällen in der Haft, bei denen der Verdacht besteht, dass Folterungen oder sonstige Misshandlungen den Tod des Häftlings (mit)verursacht haben. Beschwerden über derartige Praktiken wurden nicht untersucht.
98. Bei der Kommission gingen ebenfalls Behauptungen über ubermäßige Gewaltanwendung und Unterdrückung von Demonstrationen – v.a. jener zur Unterstützung der Bevölkerung von Gaza während der israelischen Kriegshandlungen – durch die palästinensischen Sicherheitskräfte ein. Bei diesen Gelegenheiten sollen Sicherheitsbehörden der palästinensischen Autonomiebehörde zahlreiche Personen verhaftet und die Medien daran gehindert haben, darüber zu berichten. Die Kommission erreichten ebenfalls Behauptungen über Belästigungen von Journalisten, die kritische Meinungen äußerten, durch palästinensische Sicherheitsbehörden.
99. Die Ausschaltung des Palästinensischen Legislativrates durch die Festnahme und Inhaftierung etlicher seiner Mitglieder durch Israel hat die parlamentarische Kontrolle über die PA-Exekutive beschnitten. Die Exekutive hat eine Reihe von Erlässen und Verordnungen erlassen, um ihre alltägliche Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.
100. Andere Vorwürfe betreffen die willkürliche Schließung von Wohltätigkeitseinrichtungen und Vereine, die Hamas oder anderen islamischen Gruppierungen nahestanden, sowie den Widerruf und die Nichtverlängerung ihrer Betriebsgenehmigungen, den zwangsweisen Austausch der Vorstandsmitglieder islamischer Schulen und anderer Einrichtungen and die Entlassung Hamasnaher Lehrer.
101. Die palästinensische Autonomiebehörde entlässt bzw. unterbricht Gehaltsauszahlungen für zahlreiche Angehörige der zivilen und militärischen Behörden mit dem Vorwand „mangelnder Treue zur rechtmäßigen Gewalt“ oder der „Nichteinholung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung“ bei der Einstellung, was zu einer Grundvoraussetzung für eine Anstellung im öffentlichen Dienst geworden ist. In Wirklichkeit bedeutet diese Maßnahme den Ausschluss aller Hamas-Unterstützer oder -Anhänger aus dem öffentlichen Dienst.
102. Die Kommission ist der Auffassung, dass die gemeldeten Maßnahmen mit den sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) und dem palästinensischem Grundgesetz, ergebenden Verpflichtungen der palästinensischen Autonomiebehörde unvereinbar sind.
Israel
20. Auswirkung von Raketen- und Mörserangriffen
durch bewaffnete palästinensische Gruppierungen
auf Zivilpersonen in Süd-Israel
103. Bewaffnete palästinensische Gruppierungen haben seit 2001 ungefähr 8.000 Raketen und Mörsergranaten nach Süd-Israel abgefeuert (8. Kapitel). Zwar lagen Gemeinden wie Sderot und der Kibbutz Nir-Am seit Beginn der Angriffe innerhalb der Reichweite von Raketen- und Mörserbeschuss, jedoch wurde die Reichweite des Raketenfeuers während der israelischen Kriegshandlungen auf nahezu 40 km von der Grenze zu Gaza erweitert, und erreicht damit so weit nördlich liegende Städte wie Ashdod.
104. Seit dem 18. Juni 2008 haben von bewaffneten palästinensischen Gruppierungen in Gaza abgeschossene Raketen innerhalb Israels 3 Zivilpersonen getötet und 2 Zivilpersonen in Gaza, als am 26. Dezember 2008 eine Rakete noch vor der Grenze zu Israel landete . Berichten zufolge wurden innerhalb Israels als Folge von Raketen- und Mörserbeschuss1.000 Zivilpersonen körperlich verletzt, wovon 918 zur Zeit der israelischen Kriegshandlungen in Gaza verletzt wurden.
105. Das besondere Interesse der Kommission galt dem sehr häufigen Vorkommen psychischer Traumata unter der Zivilbevölkerung in Israel. Aus den von einer israelischen Organisation im Oktober 2007 gesammelten Daten geht hervor, dass 28,4 % der Erwachsenen und 72-94% der Kinder in Sderot unter posttraumatischer Belastungsstörung litten. Berichten zufolge wurden 1.596 Personen während der Kriegshandlungen in Gaza wegen stressbedingter Verletzungen, die sie während der Kriegshandlungen behandelt; dabei wurden nach Abschluss der Kriegshandlungen in Gaza 500 behandelt.
106. Raketen und Mörser schädigten in Süd-Israel Häuser, Schulen und Autos. Am 5. März 2009 traf eine Rakete eine Synagoge in Netivot. Der Raketen- und Mörser-Beschuss wirkte sich auf das Recht in Süd-Israel lebender Kinder und Erwachsener auf Bildung negativ aus. Dies ist das Ergebnis von alarmbedingten Schulschließungen und Unterrichtsunterbrechungen das alarmbedingte Aufsuchen von Schutzräumen und ebenso die verringerte Lernfähigkeit, die bei Personen mit Symptomen psychischer Traumata zu sehen ist.
107. Der Raketen- und Mörserbeschuss hat sich in den betroffenen Gemeinden ebenso auf das soziale und wirtschaftliche Leben nachteilig ausgewirkt. Für Gemeinden wie Ashdod, Yavne, Beer Sheba, die während der israelischen Kriegshandlungen in Gaza erstmalig Raketenbeschuss erfuhren, gab es eine durch die zeitweilige Umsiedlung einiger ihrer Bewohner bedingte kurze Unterbrechung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Für Städte, der Grenze zu Gaza näher liegen, und seit 2001 unter Raketen- und Mörserbeschuss waren, kam durch die neuliche Eskalation den Exodus von Bewohnern aus ihren Gegenden noch verschärft.
108. Die Kommission hat ermittelt, dass mit den von den bewaffneten palästinensischen Gruppierungen abgefeuerten Raketen und, in geringerem Maße, Mörser nicht auf konkrete militärische Ziele gezielt werden kann, und dass sie auf zivile Wohngebiete abgeschossen wurden. Die Kommission hat darüber hinaus ermittelt, dass diese Angriffe wahllose Angriffe auf die Zivilbevölkerung im südlichen Israel darstellen und, dass, ein vorsätzlicher Angriff auf eine Zivilbevölkerung vorliegt, wenn kein bestimmungsgemäßes militärisches Ziel vorhanden ist und die Raketen und Mörser auf eine Zivilbevölkerung abgeschossen werden. Diese Taten würden Kriegsverbrechen darstellen und könnten den Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen. Da die bewaffneten palästinensischen Gruppierungen allem Anschein nach nicht in der Lage sind, mit den Raketen und Mörsern auf ausgewählte Ziele zu zielen und, da dem militärischen Personal und Material Israels durch die Angriffe nur geringe Schäden entstanden sind, kommt die Kommission zum Schluss, dass starke Indizien für die Vermutung vorliegen, dass die Verbreitung von Terror unter der israelischen Zivilbevölkerung – eine Verletzung des Völkerrechts – zu den Hauptzielen der Raketen- und Mörserangriffe gehörte.
109. Die Kommission merkt an, dass einige der bewaffneten palästinensischen Gruppierungen, unter ihnen Hamas, öffentlich ihre Absicht erklärt haben, als Vergeltungsmaßnahme für die durch die israelischen Kriegshandlungen verursachten zivilen Todesopfer in Gaza auf Zivilpersonen zu zielen, und ist der Ansicht,, dass Vergeltungsmaßnahmen gegen Zivilpersonen in bewaffneten Auseinandersetzungen mit dem humanitären Völkerrecht unvereinbar sind.
110. Die Kommission stellt fest, dass die verhältnismäßig geringen zivilen Verluste in Israel zu einem großen Teil den von Israel vorgenommenen Vorsichtsmaßnahmen zu verdanken ist. Zu diesen gehört ein Frühwarnsystem, die Bereitstellung öffentlicher Schutzräume und die Befestigung von Schulgebäuden und anderen öffentlichen Gebäuden mit großen finanziellen Kosten – vorgesehene USD 460 Millionen $ zwischen 2005 und 2011 – für die israelische Regierung. Die Kommission ist jedoch in hohem Maß besorgt über das Fehlen eines Frühwarnsystems und das Nichtvorhandensein öffentlicher Schutzräumen und Befestigungen für die palästinensisch-israelischen Gemeinden, in den nicht anerkannten und in einigen der anerkannten Dörfern, die innerhalb der Reichweite der von bewaffneten palästinensischen Gruppierungen in Gaza abgefeuerten Raketen und Mörser liegen.
21. Unterdrückung von Dissidenten in Israel,
das Recht auf Zugang zu Information
und die Behandlung von Verteidigern der Menschenrechte
111. Die Kommission erhielt Berichte, denen zufolge Personen und Gruppen, die als Kritiker der Kriegshandlungen Israels angesehen wurden, Repression oder versuchter Repression seitens der israelischen Regierung, ausgesetzt wurden. Inmitten breiter Zustimmung der jüdischen Bevölkerung Israels zu den israelischen Kriegshandlungen gab es in Israel auch weitverbreitete Proteste gegen die Kriegshandlungen. Hunderttausende – größtenteils, aber nicht ausschließlich palästinensische Bürger Israels – protestierten. Zwar wurden die Protestveranstaltungen größtenteils genehmigt, hatten Demonstranten Berichten zufolge mitunter auch Schwierigkeiten, Genehmigungen zu erhalten – besonders in größtenteils von palästinensischen Bürger Israels bevölkerten Gegenden. 715 Menschen in Israel und im besetzten Ost-Jerusalem wurden während der Proteste verhaftet. Scheinbar wurden keine Gegendemonstranten verhaftet, und 34% der Verhafteten hatten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Kommission merkt an, dass eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Demonstranten verhaftet wurde. Die Kommission ermahnt die Israelische Regierung, dafür zu sorgen, dass die Polizei die Rechte aller seiner Bürger, insbesondere das im IPBPR verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht, sich friedlich zu versammeln, ohne Diskriminierung achtet.
112. Die gemeldeten Fälle körperlicher Gewalt gegen Demonstranten durch Polizeibeamte, insbesondere das Verprügeln von Demonstranten, und sonstiges unangemessenes Polizeiverhalten, z.B. rassistische Beleidigungen der verhafteten palästinensischen Bürger Israels und das Ablassen sexueller Bemerkungen über ihre weiblichen Familienangehörigen, nimmt die Kommission besorgt zur Kenntnis. Gemäss Art. 10 IPBPR sind Menschen im Freiheitsentzug menschlich und unter Achtung ihrer angeborenen Menschenwürde zu behandeln..
113. Unter den Demonstranten, die vor israelische Gerichte kamen, war der Anteil der palästinensischen Bürger Israels, die in Untersuchungshaft verbracht wurden, unverhältnismäßig groß. Das aus den Berichten hervorgehende Element von Diskriminierung und Ungleichbehandlung palästinensischer und jüdischer Bürger Israels durch die Justizbehörden, gibt erheblichen Anlass zur Sorge.
114. Als die Handlungen, die den größten Beitrag zur Schaffung eines Klimas der Repression innerhalb Israels geleistet hatten, wurden die Befragungen politischer Aktivisten durch den israelischen Allgemeinen Sicherheitsdienst (Schabak) erwähnt. Anlass zur Sorge geben der Kommission indes der Umstand, dass Aktivisten gezwungen werden, zur Befragung beim Schabak zu erscheinen, ohne dass jedwede rechtliche Verpflichtung dazu bestünde, sowie die mutmaßlichen Verhöre politischer Aktivisten zu ihren politischen Tätigkeiten.
115. Die Kommission erhielt Informationen über Ermittlungen durch die israelische Regierung über die Organisation New Profile, der vorgeworfen wird, zur Wehrdienstverweigerung aufzurufen, was ein Straftatbestand ist, sowie und Berichte, wonach die Regierung versuche, Spenden für Breaking the Silence durch ausländische Regierungen zu beenden, nachdem die Gruppe Zeugnisse israelischer Soldaten über das Verhalten der israelischen Streitkräfte in Gaza im Dezember 2008 und Januar 2009 veröffentlicht hatte. Die Kommission ist darüber besorgt, dass die Behandlung dieser Organisationen durch die israelische Regierung zur Einschüchterung anderer israelischer Menschenrechtsorganisationen führen könnte. Die Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsverteidiger gewährleistet das Recht „Mittel zu erbitten, entgegenzunehmen und einzusetzen, die dem ausdrücklichen Zweck der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte und Grundfreiheiten mit friedlichen Mitteln dienen.“ Sofern es sich dabei um eine Reaktion auf die Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit durch die Organisation handelt, wären die Versuche, ausländische Regierungen zur Einstellung der Förderung zu bewegen, mit der Erklärung unvereinbar.
116. Die israelische Regierung verhängte nach dem 5. November 2008 ein Verbot des Medienzugangs nach Gaza. Darüber hinaus wurde Menschenrechtsorganisationen der Zugang verweigert und das Verbot dauert für einige internationale und israelische Organisationen weiter an. Die Kommission kann keinen legitimen Grund für dieses Zugangsverbot erkennen. Die Anwesenheit von Journalisten und internationalen Menschenrechtsbeobachtern hilft bei der Untersuchung des Verhaltens der Konfliktparteien und die öffentliche Berichterstattung und ihre Anwesenheit kann Fehlverhalten verhindern. Die Kommission stellt fest, dass Israel mit seinen Handlungen gegen politische Aktivisten, Nicht-Regierungs-Organisationen und die Medien versucht hat, die öffentliche Kontrolle seines Verhaltens einzuschränken, sowohl während seiner Kriegshandlungen in Gaza, wie über die Folgen dieser Handlungen für die Bevölkerung Gazas, möglicherweise im Bemühen, Untersuchungen und die öffentliche Berichterstattung darüber zu unterbinden.
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